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Panorama: Und wieder steigen die Pegel

2000 Dresdner müssen wegen Hochwassers wohl ihre Häuser verlassen – auch zwei Pflegeheime betroffen

Vor dem „Radeberger Spezialausschank“ in der historischen Dresdner Altstadt haben Helfer hunderte Sandsäcke aufgetürmt. Die kleine Gaststätte liegt nur einen Steinwurf von der Hofkirche entfernt. Nicht weit von dort stehen die barocken Prachtbauten, Semperoper und Zwinger. Das Restaurant liegt vergleichsweise tief und war beim Jahrhunderthochwasser 2002 komplett abgesoffen. Am Ende halfen keine Pumpen und keine Sandsäcke. „Dieses Mal haben wir eine Chance“, sagt einer der Helfer am Donnerstag und zündet sich eine Zigarette an. „Wir werden kämpfen.“

Die Elbe hat sich wieder breit gemacht im Elbtal. In zahlreichen Städten geht nur noch wenig. Die Schneeschmelze, vor allem im Riesengebirge, und der Regen der letzten Tage in Teilen Tschechiens haben die Elbe stark anschwellen lassen. Ein ähnlich starkes Frühjahrshochwasser gab es zuletzt 1941. Damals stieg der Fluss am Pegel Dresden-Altstadt auf 7,15 Meter. Einstellen müssen sich die Dresdner nun auf einen Wasserstand von mindestens 7,50 Meter. Am Wochenende werde der lang gestreckte Hochwasserscheitel Dresden passieren, sagt eine Sprecherin des sächsischen Hochwasserzentrums. „Die Acht-Meter-Marke wird aber aller Voraussicht nach nicht erreicht.“

In der Sächsischen Schweiz wurde für mehrere Städte bereits der Katastrophenalarm ausgelöst. In Pirna und Bad Schandau mussten mehrere hundert Menschen ihre Häuser verlassen. Dort ordneten die Behörden zudem die Evakuierung von weiteren Bewohnern an. Zahlreiche Bewohner aus Bad Schandau verbrachten die Nacht bereits in einer Notunterkunft oder bei Verwandten, weil ihre Häuser von den Wassermassen eingeschlossen sind und der Strom abgeschaltet werden musste. In Dresden gilt Katastrophenvoralarm. Zahlreiche Straßen sind überflutet, Keller liefen voll Wasser. In der Innenstadt wurden Sandsäcke aufgeschichtet, um Altstadtgassen vor eindringendem Wasser zu schützen. Auch am Schloss Pillnitz, der einstigen Sommerresidenz von August dem Starken, stapelten Helfer Sandsäcke. Zugleich bereitet der Krisenstab die Evakuierung von rund 2000 Menschen vor, betroffen sind auch die Bewohner zweier Pflegeheime.

Der Chef des Dresdner Krisenstabs, Detlef Sittel, geht davon aus, dass die Menschen frühestens am Freitag ihre Häuser verlassen müssen. Da die Elbe nur noch langsam ansteige, habe man ausreichend Zeit. Bitter werden könnte es für die Hausbesitzer im Stadtteil Dresden-Gohlis. Der dortige Deich könne bei 7,40 Meter nicht mehr verteidigt werden, sagt Sittel. Insgesamt sei Dresden aber für ein Hochwasser des erwarteten Ausmaßes gut gerüstet. Entwarnung gab er für die Altstadt mit Semperoper und Zwinger.

In der Slowakei hat das Hochwasser mindestens zwei Todesopfer gefordert. Ein vierjähriger Junge ertrank nahe der ostslowakischen Kleinstadt Sabinov in einem Hochwasser führenden Bach. Ein 61-jähriger Mann ertrank nahe Bratislava. In Tschechien haben tausende Menschen ihre Wohnungen verlassen müssen. Am dramatischsten war die Lage in der südmährischen Grenzregion zu Österreich, in der bereits in der Nacht die Häuser von mehr als 10 000 Tschechen evakuiert werden mussten. Wegen des weiteren Ansteigens des Flusses Thaya müssten möglicherweise weitere 20 000 Menschen in Sicherheit gebracht werden, sagte der Vorsitzende der Region Südmähren, Stanislav Juranek.

In Prag schlossen die Behörden den Aufbau mobiler Flutschutzwände ab. Wegen des Anstiegs der Moldau müsse an diesem Freitag möglicherweise die höchste Stufe der Hochwasserwarnung ausgerufen werden, sagte Oberbürgermeister Pavel Bem. Nichts deute aber darauf hin, dass sich die Jahrhundert-Überschwemmungen von August 2002 wiederholen könnten, betonte Bem. Währenddessen hat sich die Lage an der Donau entspannt. Der Hochwassernachrichtendienst Bayern meldete am Donnerstag überwiegend sinkende Pegelstände im Donaugebiet. (mit dpa)

Lars Rischke[Dresden]

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