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Panorama: Und wo bleibt die Überraschung? Die Tony-Theaterpreise

sind in der Krise

Von Anna Schwan, New York Liebhaber des 30erJahre Musicals „Der Zauberer von Oz" werden sich in diesem Jahr am Broadway wohlfühlen: gleich zwei aktuelle Produktionen haben die alte Geschichte zum Thema. „Wicked" und „The Boy from Oz" heißen sie und sind beide unter den Favoriten der diesjährigen Tony-Awards, der wichtigsten Auszeichnung für Theater- und Musicals in Amerika, die an diesem Sonntag verliehen wird.

Auch die übrigen nominierten Produktionen geben sich lieber kitschig als realitätsnah. „Avenue Q" ist eine Abwandlung der Sesamstraße für Erwachsene, „Taboo" erzählt die Geschichte des legendären Nachtclubs, in dem einst Boy George seine Karriere begann und auch „Caroline, or Change", die Geschichte einer schwarzen Haushälterin im Louisiana von 1963 kommt ohne einen singenden Bus und einen magischen Mond nicht aus.

Theater des Off-Broadway bringen dagegen hervorragende Stücke auf die Bühne, wie zum Beispiel A.R. Gorneys „Mrs. Farnsworth", das von politischen Skandalen und Verdeckungsversuchen erzählt. Doch diese Produktionen werden gar nicht erst in die Tony-Awards aufgenommen, wie jetzt zunehmend in den Medien beklagt wird. Die Theaterinstitution, die seit 1947 mit einer Jury von 735 Theatermachern und -kennern die besten Stücke der Saison bestimmt, beschränkt sich traditionsgemäß ausschliesslich auf Produktionen der großen Häuser. Theater mit weniger als 800 Sitzen im Publikum haben keine Chance. Das liegt vor allem daran, dass sich die Jury aus den großen Häusern und deren Umfeld rekrutiert.

Eben da liegt das Problem: Jetzt wird darüber gestritten, ob die großen Produktionen künstlerisch wertvoll genug sind, um ausgezeichnet zu werden. Je bunter und seichter die Produktionen sind, desto leichter sind die großen Häuser zu füllen, sagen sich die Theater.

Die Tony Awards sind in der Krise. Das zeigt sich auch an den Einschaltquoten der Verleihung, die jährlich bei CBS ausgestrahlt wird und bei der immer weniger Zuschauer einschalten. Es gibt keine Überraschungen mehr, das Publikum zeigt sich gelangweilt.

Um das Publikum bei der Stange zu halten, haben die Tony-Macher auf Stars gesetzt: Nicole Kidman präsentiert die Show. Und Mary J. Blidge singt „A Chorus Line". Sie ist eine junge Sängerin – und es ist das alte Lied.

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