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"Unser Song für Deutschland": Nun brauchen wir nur noch ein Lied

Lena, der Star von Oslo, kehrt zurück, um den Song-Contest-Titel zu verteidigen - aber sie kommt bei "Unser Song für Deutschland" in Köln noch nicht richtig an.

Es gibt das Lena-Kieksen, Lena-Lächeln, es gibt Lena-Bewegungen und Lena-Sätze, und es gibt einen Lena-Song, auf den sie aber beinahe schon nicht mehr angesprochen werden will. Denn er stammt aus einer Zeit, da sie die Bühne eines großen Fernsehstudios in Köln-Mühlheim betrat und eine Nummer hatte. Damals war sie die Kandidatin "Nummer 3". Heute, ein Jahr später, betritt sie dieselbe Bühne, in ihrem Rücken steht nun nicht "Unser Star für Oslo", sondern "Unser Song für Deutschland". Wieder geht es um einen Wettbewerb, und auch darum, ein Lied zu finden. Es soll das richtige Lied sein, ein Gewinner-Lied, und die große Frage ist, für wen.

Es gibt viele Gründe, warum Menschen singen. Sie sind glücklich. Oder traurig. Reden liegt ihnen nicht. Also singen sie, und manchmal gibt es dafür keinen Grund. Aber dass andere Menschen ihnen dabei zuhören, dafür gibt es einen. Sie wollen glauben.

Lena kann man glauben. Vom ersten Augenblick an, schon als das 1,70 Meter große, schlanke Mädchen mit den Spirallocken als eine von 20 Bewerbern in Stefan Raabs Grand-Prix-Casting auftrat, war das so. Und Deutschland schloss sie ins Herz. Andere konnten besser singen, aber ihr nahm man jede Zeile ab, wenn sie in den Worten Adeles sang, dass sie dachte, sie würde sich selbst am besten kennen, und dass sie nun feststellen müsse, wie wenig das stimme. Und "Satellite", das sie berühmt machte, trudelte sie auf ihrer Umlaufbahn um einen Kraftkern, der sie auch im größten Trubel nicht losließ.

Marius Müller-Westernhagen sagte, nachdem er den Lena-Triumph vor einem Jahr als Juror des Oslo-Castings aus nächster Nähe erlebt hatte: "Man muss ihr begreifbar machen, was das Besondere an ihr ist, muss sie besser machen, ohne dass sie dieses Besondere verliert. Die Aufgabe möchte ich nicht haben." Es ist der Schritt, der alles entscheidet - aus einem netten Mädchen, das singen kann, eine Künstlerin werden zu lassen. Und diesen Schritt will Lena Meyer-Landrut an diesem Montag gehen. Sie muss. Sechs Songs stehen zur Auswahl. Am kommenden Montag noch einmal sechs.

"Good News" heißt der erste Song des Abends, für das sie sich in ein altgriechisches Faltenkleid wirft. Es ist ein klassisches Lied, aber sie trägt es wie eine Statue vor. Die Ambivalenz liegt ihr nicht, von der im Text die Rede ist: gute Nachrichten, die man nicht teilen kann, werden schlechte, darum geht es. Aber die Verlusterfahrung dahinter hat Lena vielleicht nie gemacht. Kein Lena-Lied.

Es klang wie eine gute Idee, Lena nach ihrem Sieg in Oslo 2010 erneut antreten zu lassen, sie, die Sympathieträgerin, als Titelverteidigerin aufzubauen. Nach dem Motto: Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie. Und Stefan Raab weiß denn auch gleich von einem früheren Fall zu erzählen, bei dem es jemand zweimal versucht hatte - und letzter wurde. Das will er nicht. Zumal Lena das schreckliche Los jedes Grand-Prix-Gewinners, nur One-Hit-Wonder zu sein, erspart bleiben soll. Raabs Fürsorge für seine Entdeckung zwingt ihn zu diesem Schritt.

Lena wurde für ihr freies Wesen gemocht. An ihr war nichts Falsches, sie wollte, was alle anderen auch wollten. Nun darf sie nichts mehr wollen. Sie wird sich mit einem Song identifizieren müssen, den Deutschland ihr ans Herz legt. Und genau so tritt sie auf, gehemmt und wie die Darstellerin ihrer selbst. Am Ende wird nicht sie den Ausschlag geben, sondern drei Songs werden gewählt werden. Einer, "Maybe", weil er den schönsten Refrain hat. Den will man immer wieder hören. Einer, "Taken Be A Stranger", weil er eine neue Lena zeigt, düster und um die Erfahrung reicher, dass man nicht jedem mehr trauen kann. Und schließlich einer, den sie selbst geschrieben hat und der die richtige Frage stellt: "What Happened To Me". Eine Antwort hat sie darauf noch nicht gefunden.

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