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Unwetter: Tornado verwüstet Eifel-Dorf

Mit Geschwindigkeiten von weit über 200 Stundenkilometern hat der Tornado eine 30 Meter breite Schneise durch das Dorf Sisting in der Eifel geschlagen. Viele Einwohner stehen noch unter Schock: "Es war wie Krieg".

Kall - Veronika Pütz ist noch immer geschockt. Der Tornado hat Spuren hinterlassen. "Das war so bedrohlich. Dieses Geräusch. Die Dachziegel knallten runter. Es war so laut." Sie wirbelten wie Spielzeug durch die Luft. Einer sauste mit einem Höllenlärm durch die Scheibe ihres Wintergartens. Es ist der Tag nach dem Tornado in der Eifel. In dem Dorf Sistig bei Kall (Nordrhein-Westfalen) räumen die Menschen auf. Noch immer werden zerschlagene Dachziegel unter lautem Scheppern zusammengekehrt. Motorsägen heulen, trennen baumelnde, beindicke Äste und Stämme ohne Krone ab. Dachdecker haben Hochkonjunktur.

Für einige Dorfbewohner war es am Sonntag eine Sache von Minuten, für andere von Sekunden. Veronika Pütz war bei der Nachbarin, als sich das Gewitter zusammenbraute. "Ich hab mich noch beeilt, dass ich nach Hause komme." Die Rollos hat die ältere Dame herunter gelassen, weil sie Angst vor Gewitter hat. Augenblicke später ging es schon richtig zur Sache. Trotz ihrer Furcht hat sie die Haustür geöffnet, um zu sehen, was los ist. "Ich habe sie fast nicht mehr zu bekommen. Ich musste mich richtig dagegenstemmen", sagt sie.

Ziegel wie Spielzeugkarten

Ziegel wurden wie Spielzeugkarten von den Dachstühlen gehoben und durch die Luft gewirbelt. Dicke Baumstämme wurden auf der Höhe von zwei bis drei Metern abgedreht. Provisorische Anbauten an Schuppen brachen zusammen wie Puppenhäuser. Massive Gartenzäune wurden aus der Verankerung gerissen, Windschutzwände zerfetzt.

"Es waren höchstens 15 Sekunden, dann war alles vorbei. Das war wie ein Spuk", sagt der Nachbar von Veronika Pütz, Thomas Becker. Sein neues Hausdach wirkt wie angefressen: An den Kanten fehlen die Ziegel reihenweise. In seinem Garten liegen zerbrochene Ziegel vom Nachbarn gegenüber - rund 100 Meter entfernt. Dort ist das Dach fast komplett abgedeckt. Die Scherben liegen wie nach einem Polterabend auf dem Hof. "Es war wie Krieg", sagt die sehr betagte Bewohnerin noch immer ganz bekümmert und den Tränen nahe.

Von Kyrill einiges gewohnt

"Das war eine Sache von Minuten", sagt auch der Einsatzleiter der Feuerwehr in Kall, Harald Heinen. Es habe Gewitter mit Starkregen gegeben, dann habe der Sturm eingesetzt. "Von Kyrill waren wir ja einiges gewohnt. Aber dass in einer Ortslage so viel passiert und das innerhalb weniger Minuten, das war ungewöhnlich. Das war eine Schneise der Verwüstung." Die Menschen hatten Glück im Unglück: Zwölf Kilometer war die schmale Schneise lang, aber der Tornado traf einen und nicht noch mehrere Orte. 200 Meter raste er daran vorbei. Auch Menschen wurden nach ersten Angaben nicht verletzt.

Besonders schlimm wütete der Tornado in einem Holz verarbeitenden Betrieb. "Das sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen", sagte der Inhaber Hans-Dieter Völler. Er schätzt den Schaden auf 60.000 bis 80.000 Euro. Die Produktion steht. Seine Leute reparieren die Schäden. Und das werde wahrscheinlich noch die ganze Woche dauern, meint der Chef.

"Heute sieht man erst richtig, was da alles weggeflogen ist", sagt Dachdecker Thomas Abel und wundert sich. "Selbst neue Ziegel und Sachen, die richtig gut verschraubt sind." Bis tief in die Nacht hat er am Sonntag Dächer zumindest provisorisch abgedichtet. Nun wird gedeckt - Arbeitsende offen. Demonstrativ zeigt er einen dicken Stapel mit Auftragszetteln. Acht Kollegen aus der Umgebung hat er in Sistig schon gesehen, wahrscheinlich sind viel mehr im Einsatz. Arbeit gibt es genug. (Von Elke Silberer, dpa)

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