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Unwetter: Tornados legen Stromversorgung in weiten Teilen von Kanadas Hauptstadt Ottawa lahm

Mit mehr als 220 Stundenkilometer fegten Stürme über die Stadt, knickten Strommasten um und verwüstete Vororte.

Häuser, Autos und Bäume wurden in Mont-Bleu nahe Ottawa zum Teil völlig zerstört.
Häuser, Autos und Bäume wurden in Mont-Bleu nahe Ottawa zum Teil völlig zerstört.

© Vincent-Carl Leriche/AFP

Die Bewohner in mehreren Wohngebieten und Vororten der kanadischen Hauptstadt Ottawa mussten am Wochenende Schäden an ihren Häusern begutachten und aufräumen. Zwei Tornados mit Windgeschwindigkeiten bis zu 218 Stundenkilometern hatte am späten Freitagnachmittag die Hauptstadt heimgesucht, Dutzende Wohnhäuser dem Erdboden gleich gemacht und die Stromversorgung der Hauptstadt in weiten Bereichen lahmgelegt. Rund 170.000 Haushalte und Geschäfte waren zeitweise vom Energienetz abgeschnitten.

Bürgermeister spricht von einem "traumatischen Ereignis"

Es sehe so aus, „als ob eine Bombe abgeworfen wurde“, sagte Ottawas Bürgermeister Jim Watson, als er am Samstag mit dem Schaden konfrontiert wurde. Mit Drohnen wurden Aufnahmen der betroffenen Gebiete macht. Wohnhäuser waren ein einziger Trümmerhaufen, Strommasten wie Streichhölzer geknickt, Bäume entwurzelt und abgebrochen. „Wie eine Kriegsszene“ meinte der Bürgermeister, der von einem „traumatischen Ereignis“ für die Hauptstadt sprach.

Zwei Tornados mit Windgeschwindigkeiten zwischen 179 und 220 Kilometern pro Stunde hatte am Freitagnachmittag den westlichen Vorot Dunrobin getroffen. Angekündigt hatte er sich mit extremen Böen an diesem vermutlich letzten heißen Sommertag, an dem Temperaturen von nahezu 30 Grad mit hoher Luftfeuchtigkeit gemessen wurden. Im Zentrum der Haupt riss der Sturm Schindeln von den Dächern und zerstörte Gartenlauben. In Dunrobin aber wurden mehr als 40 Wohnhäuser stark beschädigt, so dass sie nicht mehr bewohnbar waren, oder völlig zerstört. Der Tornado zog durch weitere Siedlungen und überquerte dann den Ottawa-Fluss, um in der Nachbarstadt Gatineau ebenfalls eine Schneise der Verwüstung zu hinterlassen. Auto wurden weggefegt und Hausdächer fortgerissen.

Das ganze Dach war einfach weg

Chris Angeconeb hatte mit seiner Familie Schutz im Kellergeschoss seines Hauses in Dunrobin gesucht. „Man konnte hören, dass Dinge zerbrachen. Es war furchterregend“, berichtet er. Als es nach einigen Minuten ruhiger wurde und er nach oben ging, musste er feststellen, dass der Sturm ein Teil des Dachs seines Hauses weggerissen hatte. Mehrere seiner Nachbarn hatte es noch schlimmer getroffen. „Am Haus gegenüber war die Garage verschwunden.“ Bei einem anderen Nachbarn „war das ganze Haus zerstört. Das obere Stockwerk war völlig verschwunden und nur das Kellergeschoss war übriggeblieben.“ Mindestens fünf Menschen wurden mit teils schweren Verletzungen in Krankenhäuser gebracht.

Sonntag waren noch 80.000 Haushalte abgeschnitten

Gleichzeitig fiel in weiten Bereichen der Hauptstadt die Stromversorgung aus. Wie das Energieunternehmen Hydro Ottawa mitteilte, wurden rund 80 Strommasten beschädigt oder völlig geknickt. Viele dieser Masten sind aus Holz, aber auch stärkere Metallkonstruktionen wurden umgelegt. Eine wichtige Umschalt- und Verteilstation für die Energieversorgung wurde völlig ausgeschaltet. Dies und die daraus resultierende Überlastung anderer Netzteile führte dazu, dass im Dominoeffekt in mehreren Stadtgebiete der Strom ausfiel. Am Samstagmorgen waren  170.000 Haushalte von der Stromversorgung abgeschnitten, am Sonntagmorgen waren es noch 80.000, ferner rund 40.000 Kunden von Hydro Quebec in Gatineau. In einer der Haupteinkaufsstraßen Ottawas mussten Geschäfte schließen, Restaurants und Theater konnten nicht öffnen. Der Sturm habe in Ottawa einen größeren Schaden am Elektrizitätsnetz verursacht als der berüchtigte „Eissturm“ im Januar 1998, der viele Millionen Menschen in Quebec und Ost-Ontario betraf, teilte Hydro Ottawa mit. Es werde einige Tage dauern, bis der Schaden behoben und alle Haushalte wieder an die Stromversorgung angeschlossen seien.

Kretschmann und seine Delegation strandeten am Flughafen

Betroffen von dem Tornado waren auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Wilfried Kretschmann und seine Delegation, die am Freitag in Ottawa waren. Am Vormittag hatte Kretschmann Kanadas Premierminister Justin Trudeau getroffen und weitere politische Gespräche geführt. Als die Delegation am Nachmittag nach Toronto und von dort nach Deutschland fliegen sollte, schlug der Tornado zu. Er legte auch den gesamten Flugbetrieb vorübergehend still. Der größte Teil der Delegation musste eine weitere Nacht in Ottawa bleiben, Kretschmann konnte am späten Abend nach Abklingen des Tornados einen Flug von Ottawa über London nach Deutschland nehmen.

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