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Drei der Mitglieder eines bisher unbekannten Volksstammes im Amazonasgebiet.

© AFP

Update

Ureinwohner am Amazonas: Video von erster Begegnung mit Ureinwohnern veröffentlicht

Eine Gruppe bislang isoliert lebender Indigener ist in Brasilien bei ersten Kontakten mit der Außenwelt gefilmt worden. Die Indios flohen möglicherweise vor Drogenhändlern aus Peru.

Bananen sollen helfen, das Misstrauen zu überwinden: Ein Angehöriger des Ashaninka-Stammes watet mit der Staude ins Wasser, vom anderen Ufer kommen zwei Männer im Lendenschurz auf ihn zu. Es sind zwei Angehörige eines indigenen Stammes, die bisher keinen Kontakt zur sogenannten „Zivilisation“ hatten. Die Kommunikation ist schwierig. Der Übersetzer der Ashaninka-Stamms schafft es aber, mit den „Unkontaktierten“, wie es im offiziellen Sprachgebrauch heißt, kurz ins Gespräch zu kommen.

Das Video, das diesen historischen Moment zeigt, stammt von der brasilianischen Behörde zum Schutz der indigenen Bevölkerung (Funai). Ende Juni wurde es aufgenommen, jetzt ist es veröffentlicht worden. Erstmals waren die beiden Gruppen schon vier Tage zuvor aufeinandergetroffen, damals noch ohne Kamera.

Es sind Momente, die den Betrachter daran erinnern, dass es ein Leben jenseits der Zivilisation gibt: Die beiden jungen Ureinwohner, mit einem langen Messer bewaffnet, das sie am Lendenschurz befestigt auf dem Rücken tragen, versuchen wild gestikulierend ihre Lage zu erklären. Ein paar Minuten lang gelingt es dem Vertrauensmann der Behörde, sich mit den Indigenen auszutauschen. Offenbar lang genug, um wichtige Informationen zu sammeln. Noch ist schwer einzuschätzen, was die im Verborgenen lebenden Ureinwohner am Envira-Fluss in Nordbrasilien an der Grenze zu Peru ihr Versteck im Dschungel verlassen ließ.

Warum musste die Gruppe fliehen?

Der erste Eindruck, den das Video vom Aufeinandertreffen der Kulturen vermittelt, ist der einer anderen Welt. Offenbar kommunizieren die Indigenen in Tierlauten und mit Pfiffen. Inzwischen sind sie wieder im Dschungel verschwunden, die brasilianischen Experten versuchen indes, sich einen ersten Eindruck von dem bislang unbekannten Stamm zu machen. Sie vermuten, dass die Gruppe aus bis zu 50 Menschen besteht und diese eine Variante der Pano-Sprachen sprechen.

Dass sich die Gruppe überhaupt zu einem Erstkontakt mit dem „Rest der Welt“ entschlossen hat, deutet darauf hin, dass die Ureinwohner unter Druck stehen. Übersetzer José Correia sagte dem brasilianischen Sender G1, dass die Ureinwohner bei dem kurzen Kontakt über Angriffe von Fremden berichtet hätten, die keine indigenen Wurzeln hätten. Das lässt die Experten spekulieren, dass die Ureinwohner vor Holzfällern oder Kokainschmugglern auf der Flucht gewesen seien. Vor Jahren waren die in der Region lebenden Indigenen schon einmal Ziel eines Überfalls von Drogenbanden. Demnach sagte Correia: „Die Mehrheit der älteren Menschen wurde von Nicht-Indianern in Peru ermordet, die mit Gewehren auf sie schossen und ihre Hütten in Brand setzten. Sie sagen, dass viele alte Menschen starben und dass sie drei Personen in ein Grab legen mussten.“

Funai hat angekündigt, man werde einen Beobachtungsposten am Envira-Fluss wiedereröffnen, der vor drei Jahren geschlossen worden war, nachdem Drogenhändler ihn überrannt hatten. Generell sind der Drogenhandel, aber auch Rohstoffgewinnung und eingeschleppte Krankheiten die größten Gefahren für die traditionellen Indio-Stämme in Südamerika.

Krankheiten und Drogenschmuggler bedrohen sie

Auch bei der jetzt entdeckten Gruppe sollen einige der Indios an Grippe und Diphtherie gestorben sein. Die brasilianische Regierung hat nach eigenen Angaben ein Ärzteteam entsandt, um Betroffene zu behandeln. Die Erkrankung ist nach Experteneinschätzung ein Indiz dafür, dass die Ureinwohner mit der Zivilisation in Kontakt gekommen seien.

Die Nichtregierungsorganisation Survival International, die sich für Rechte indigener Völker einsetzt, forderte, dass Brasilien und Peru in der Grenzregion kooperieren und ihre Behörden für mögliche Kontakte vorbereiten und ausstatten müssten. „Wichtiger ist natürlich, dafür zu sorgen, dass unkontaktierte Völker gar nicht erst gegen ihren Willen zum Kontakt gedrängt werden, indem ihre Landrechte geschützt sind“, sagte Valeska Ebeling von Survival International. Peru müsse Belege für die Existenz unkontaktierter Völker ernst nehmen und im Einklang mit seiner Verfassung und internationalem Recht handeln.

Eine große Bedrohung für die Ureinwohner sind nach Einschätzung Ebelings auch neue Öl- und Gasprojekte in Peru, die Kontakte wahrscheinlicher machen, weil sie umfangreiche Infrastruktur und Arbeiter in abgeschiedene Regionen bringen. Zudem könnten sie unkontaktierte Völker zur Flucht zwingen, weil sie ausweichen müssten oder weil lebenswichtiges Jagdwild vertrieben wird.

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