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Urteil: 30.000 Euro Schmerzensgeld für SEK-Opfer

SEK-Beamte dringen in die Wohnung eines Verdächtigen ein und verletzen ihn mit Schlagstöcken und Karateschlägen schwer. Jetzt, acht Jahre nach dem Geschehen, müssen die Verantwortlichen 30.000 Euro Schmerzensgeld bezahlen - der Mann war unschuldig.

Wegen eines umstrittenen Einsatzes von Elite-Polizisten gegen einen Fliesenleger muss das Land Nordrhein-Westfalen 30.000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadenersatz in noch unbekannter Höhe an das Opfer zahlen. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln bestätigte ein entsprechendes Urteil des Bonner Landgerichts. Bei dem SEK-Einsatz vor knapp acht Jahren war der heute 56-Jährige erheblich verletzt worden. Der Mann war aufgrund vager Angaben aus seiner Nachbarschaft in den Verdacht geraten, Handgranten und scharfe Waffen zu besitzen. Bei einer Durchsuchung seines Hauses nach dem Einsatz wurden aber keine Handgranaten gefunden.

Nach Gerichtsangaben hatten die SEK-Beamten am 8. Dezember 2000 den Lieferwagen des Handwerksmeisters in Sankt Augustin bei Bonn gestoppt, die Scheiben eingeschlagen und den Mann aus dem Fahrzeug herausgezogen. Der Handwerker, der heute Frührentner ist, wurde auf dem Boden fixiert und gefesselt. Er erlitt Prellungen und Schürfwunden, auch bestand der Verdacht auf Rippenbruch.

Mit Schlagstöcken traktiert

Vor Gericht sagte der Fliesenleger, die Beamten hätten ihn mit Schlagstöcken und Karateschlägen traktiert, obwohl er nur seine Hände schützend vors Gesicht gehalten habe. Das Land bestritt dagegen einen Gewaltausbruch der Beamten und vertrat die Auffassung, die Polizisten hätten nur die zur sicheren und zügigen Festnahme notwendige und angemessene Gewalt angewendet.

Gegen das Urteil des Bonner Landgerichts vom vergangenen Februar hatten beide Parteien Berufung eingelegt, die das OLG nun zurückwies. Der Kölner Zivilsenat bestätigte vielmehr in vollem Umfang die Entscheidung der Vorinstanz, die dem Fliesenleger im Grundsatz auch Schadenersatz in noch nicht bezifferter Höhe für Verdienstausfall, Haushaltshilfe und weiteren krankheitsbedingten Mehraufwand zugesprochen hatte.

Gegen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen

Der SEK-Einsatz stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dar, urteilte das Gericht. Bei der Einsatzplanung hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Verdacht gegen den Fliesenleger "nur ein äußerst vager und dürftiger" gewesen sei. Die Angaben vom Hörensagen unter Nachbarn seien vor dem Einsatz "auch nicht ansatzweise verifiziert worden".

Die Revision gegen das Urteil ließ das OLG nicht zu. Gegen diese Entscheidung können der Frührentner und das Land Nordrhein-Westfalen aber eine so genannte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. (ut/AFP)

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