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Urteil: Bewährungsstrafe für Verursacher von Zugunglück

Rund elf Monate nach dem Zugunglück im baden-württembergischen Fichtenberg ist der Unfallverursacher zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Bei dem Unglück war ein neunjähriger Junge ums Leben gekommen.

Heilbronn - Das Landgericht Heilbronn sah es als erwiesen an, dass der 37-jährige Lkw-Fahrer durch einen Fahrfehler das Unglück herbeigeführt hat, bei dem ein neunjähriger Junge ums Leben kam und 53 Menschen verletzt wurden. Der Unfall sei "vorhersehbar und vermeidbar" gewesen. Der Vorsitzende Richter Jörg Geiger warf aber auch der Bahn Versäumnisse vor. Diese hätten die Unglücksstelle besser absichern können.

Der Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Er war am 30. September 2005 mit einem knapp 19 Meter langen Umweltmobil in Fichtenberg unterwegs. Vor Gericht hatte der Müllwagenfahrer eingeräumt, auf einem halbbeschrankten Bahnübergang rangiert zu haben, um zu verhindern, dass sein Fahrzeug in einer scharfen Kurve an eine Leitplanke stößt. Erst als sich die Schranken senkten, bemerkte er einen herannahenden Regionalexpress, der von Schwäbisch Hall nach Stuttgart unterwegs war.

Der Zug war mit einer Geschwindigkeit von 117 Stundenkilometern auf das Umweltmobil gerast. Dabei entgleisten die Lokomotive und der erste von fünf Waggons. Im Zug befanden sich rund 100 Personen, darunter etwa 60 Schüler auf dem Rückweg von einem Schullandheim. Ein neunjähriger Junge erlitt dabei schwerste Schädelverletzungen, als sein Zugabteil aufgerissen wurde. Er starb später in einem Krankenhaus. Die 53 Verletzten trugen zumeist Prellungen, Platzwunden, Gehirnerschütterung und Schocks davon.

"Schicksalhaftes Geschehen"

Der Richter sprach von einem "schicksalhaften Geschehen", weil der Zug mit vier Minuten Verspätung unterwegs war und darüber hinaus die roten Warnsignale für den Lkw-Fahrer nicht zu sehen waren. Auch sei der Fahrer zum ersten Mal die Strecke gefahren. Um die scharfe Kurve vor dem Übergang passieren zu können, hätte er eine "Ideallinie" einhalten müssen. Davon sei er aber geringfügig abgewichen, was zum Rangiervorgang führte.

Nach Auffassung des Gerichts wäre der Angeklagte rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich herausgekommen, wenn er beim Herabsenken der Schranken sofort "durchgestartet" wäre. "In jedem Actionfilm hätte sich der Held so verhalten", sagte der Richter. Der 37-Jährige sei aber nicht kühn, sondern habe ängstlich auf die Situation reagiert. Der Mann war beim Herannahen des Zuges aus dem Führerhaus gesprungen, um sein Leben zu retten. Zu Gunsten des Lkw-Fahrers wertete das Gericht den Umstand, dass der Bahnübergang für lange Fahrzeuge "per se gefährlich ist". Die Bahn hätte die Stelle besser absichern können. Inzwischen wurde die Geschwindigkeit für Züge auf maximal 30 Stundenkilometer begrenzt. Zum Unglückszeitpunkt waren 120 Stundenkilometer erlaubt. (Von Tanja Wolter, ddp)

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