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Urteil: Lebenslang für Mord an Parkhaus-Millionärin

Einen derartigen Tumult im Münchner Schwurgerichtssaal haben auch altgediente Juristen noch nicht erlebt. Als am Dienstag in der Verhandlung um den Mord an einer Parkhaus-Millionärin deren früherer Lieblingsneffe zu lebenslanger Haft verurteilt wird, protestieren Freunde des 33-Jährigen lautstark.

"Das ist eine Diktatur", schreit ein Zuhörer die Richter an. "Wir sind die Stimme des Volkes!" Einige verlassen Türen knallend den Saal, auch Verteidiger Peter Witting eilt hinaus. Der Angeklagte selbst stört die eineinhalbstündige Urteilsbegründung unaufhörlich mit Zwischenrufen wie: "Schämen Sie sich!"

Lebenslang für Mord aus Habgier

Das Schwurgericht hatte den Angeklagten nach gut 15-monatigem Indizienprozess des Mordes an seiner reichen Tante schuldig gesprochen. Heimtückisch und aus Habgier habe er die Tat begangen, außerdem einige tausend Euro aus Parkautomaten gestohlen. Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld des 33-Jährigen fest, für den damit eine Freilassung auf Bewährung nach 15 Jahren Haft erschwert ist. Sein Anteil am Nachlass der 59 Jahre alten Witwe wurde für "verfallen" erklärt, das heißt: Der Staat kassiert den Erbteil, sollte das Urteil rechtskräftig werden. Damit entsprachen die Richter in vollem Umfang dem Antrag von Staatsanwalt Martin Kronester. Anwalt Witting und sein Mitverteidiger Stefan Mittelbach hatten auf Freispruch plädiert. "Dass wir das Urteil anfechten, steht außer Frage", betonte Mittelbach.

Das Gericht war am 94. Verhandlungstag überzeugt: "Andere Personen scheiden als Täter aus". Es stützte sich auf die Gesamtschau der Indizien, "die sich wie ein Ring um den Angeklagten schließen". Im Vordergrund stand das Motiv des 33-Jährigen. Dieser sei vom "Wohlwollen seiner Tante abhängig gewesen", die Witwe finanzierte sein Jura-Studium, das er aber abbrach. Der Familie und dem Bekanntenkreis gaukelte er laut Urteil ein schon bestandenes erstes Examen und die bevorstehende zweite Staatsprüfung vor, um sein "Scheitern" zu verbergen.

Der Angeklagte war gescheitert

Mit 31 Jahren habe der Angeklagte "keine Perspektive" gehabt, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl. Wäre sein Lügengeflecht zerrissen, hätte er um das Erbe fürchten müssen und im günstigsten Fall mit der Weiterbeschäftigung als Aushilfskraft in der Parkgarage rechnen können, sagte Götzl. Das Ziel des Angeklagten sei aber die Geschäftsführerposition gewesen.

"Sie, Herr Götzl, machen sich mitschuldig, dass der Mörder frei herumläuft", rief der jüngere Bruder des Angeklagten, der mittlerweile das Parkhaus leitet, dem Richter zu. Der 31-Jährige wurde des Saales verwiesen. Der Angeklagte, der ebenfalls gehen wollte, wurde von Sitzungsbeamten auf Anweisung des Vorsitzenden auf der Anklagebank festgehalten.

24 Mal schlug er auf seine Tante ein

Dem Urteil zufolge hat der 33-Jährige seiner Tante am Abend des 15. Mai 2006 beim Verlassen der Wohnung aufgelauert und sofort auf sie eingeschlagen, insgesamt mindestens 24 Mal. Der Angeklagte habe das bis heute unbekannte Tatwerkzeug mit der rechten Hand geführt, weil er die linke auf seiner Position zum Offenhalten der Tür brauchte. So erklärte Götzl unter heftigem Protest der Zuhörer die rechtshändige Ausführung der Tat durch einen Linkshänder. "Sehenden Auges setzen Sie sich über die Beweisaufnahme hinweg", empörte sich der Angeklagte. Er hatte die Tat stets bestritten und war zwischenzeitlich sogar in einen Hungerstreik getreten.

Anwalt Mittelbach verteidigte die "Emotionen" seines Mandanten während der Urteilsbegründung. "Er hat sich mehr als zwei Jahre bewundernswert ruhig verhalten". Dass er sich während des Urteils "dann mal in der Wortwahl vergreift, hat mein Verständnis". Anwalt Witting hingegen wollte sich die Ausführungen des Gerichts nicht antun: "Das schmerzt körperlich", sagte er im Anschluss an die Urteilsbegründung, vor der er ins Foyer geflüchtet war.(sba/dpa)

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