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In diesem Haus wurde eine junge Frau wie eine Haussklavin gegen ihren Willen festgehalten.

© dpa

Urteil: Mehrjährige Haftstrafen im "Haussklavin"-Prozess

Monatelang wurde eine junge Frau misshandelt und gegen ihren Willen festgehalten. Jetzt hat das Landgericht Mosbach ein arbeitsloses Paar zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Rund neun Monate hat ein Ehepaar aus Haßmersheim eine junge Frau wie eine Haussklavin gegen ihren Willen festgehalten.

Am Montag verurteilte das Landgericht Mosbach das arbeitslose Paar wegen Geiselnahme zu mehrjährigen Haftstrafen. Der 51-jährige Mann erhielt wegen der Misshandlung der heute 21-Jährigen eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten. Seine 46 Jahre alte Frau wurde zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Beide hatten zuvor ein Teilgeständnis abgelegt. Ein Gutachter bescheinigte ihnen volle Schuldfähigkeit.

Strafmildernd berücksichtigte das Gericht das Geständnis des Mannes. Er hatte zugegeben, die junge Frau, die freiwillig zu der Familie gezogen war, gegen ihren Willen festgehalten und in betrunkenem Zustand misshandelt zu haben. Seine Frau und sein Sohn hätten unter seinem Einfluss gestanden. Der Mann bedauerte sein Verhalten. Die ihm von der Anklage zur Last gelegte sexuelle Nötigung bestritt er. Der Vorwurf wurde fallengelassen.

Nach Ansicht des Gerichts wäre der Mann allein jedoch nicht in der Lage gewesen, die junge Frau solange gegen ihren Willen festzusetzen. „Er musste ja auch mal schlafen“, sagte der Vorsitzende Richter Alexander Ganter.

Seine Frau habe das Opfer nicht geschlagen, aber „ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen.“ Die Frau erklärte über ihre Anwältin: „Es tut mir unendlich leid, dass ich nicht die Courage hatte, ihr zu helfen.“ Sie habe nicht gewagt, sich gegen ihren Mann zu stellen, auch aus Angst vor Schlägen. An die junge Frau gewandt, die als Nebenklägerin an dem Prozess teilnahm, sagte sie unter Tränen: „Du weißt genau, dass ich Dich gern gehabt habe.“ Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Jahre Haft für den Beschuldigten und eine Strafe von vier Jahren und neun Monaten für seine Ehefrau gefordert. Der 51-Jährige nahm das Urteil an. Die Anwältin der 46-Jährigen prüft, ob sie Revision einlegt. Sie hatte eine Strafe von maximal zwei Jahren auf Bewährung beantragt.

Die Frau sei keine Mittäterin, sie habe die Tat aus Angst vor ihrem Mann lediglich gebilligt, argumentierte die Anwältin. Die Angeklagte habe durch ihre Kindheit und die jahrelange Gewalt ihres Mannes keinen eigenen Willen mehr gehabt, sagte sie.

Das junge Opfer - eine Internetbekanntschaft des Sohnes - war im März 2010 zu der Familie gezogen. Sie sei auf der Suche nach einem Halt gebenden Umfeld und ohne Wohnung gewesen, das habe die Familie ausgenutzt, sagte die Anwältin der Nebenklägerin. Laut Staatsanwaltschaft wurde die heute 21-Jährige ab September 2010 neun Monate gegen ihren Willen festgehalten, von dem Mann geschlagen und bedroht.

Sie durfte das Haus nicht allein verlassen. Im Juni gelang der jungen Frau dann doch die Flucht. Ermittlungen gegen den 15-jährigen Sohn der Familie wurden eingestellt, da gegen ihn laut Staatsanwaltschaft kein ausreichender Verdacht bestehe.

Das Paar war bereits 2002 wegen der Misshandlung einer Verwandten vom Landgericht Heidelberg verurteilt worden. Beide hatten demnach die damals minderjährige Schwester der Frau mehrfach schwer mit einer Eisenstange und einer Kette verletzt. Der Mann bekam damals viereinhalb Jahre Haft, die Frau eine zweijährige Bewährungsstrafe. (dpa)

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