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Urteil: Neun Jahre Haft für Angeklagten im Fall Fluterschen

Im Westerwälder Missbrauchsprozess wird ein weiterer Mann verurteilt. Er hatte Sex mit den Kindern des bereits wegen Missbrauchs verurteilten Detlef S. Der Richter wählt deutliche Worte.

Im zweiten Prozess um den Missbrauchsfall in Fluterschen im Westerwald hat das Landgericht Koblenz den Angeklagten zu neun Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es am Donnerstag als erwiesen an, dass der 61-Jährige einer der Männer ist, an die der bereits verurteilte Detlef S. zwischen 1995 und 2009 seine beiden Töchter für Sex verkaufte. Nur einen Teil der 53 angeklagten Sexualstraftaten hatte der Mann eingeräumt.

Das Gericht folgte mit dem Strafmaß der Forderung des Staatsanwalts, die Verteidigung hatte auf eine Bewährungsstrafe plädiert. Detlef S. war wegen jahrelangen Missbrauchs seiner Kinder in einem ersten Prozess zu vierzehneinhalb Jahren Haft mit Sicherungsverwahrung verurteilt worden.

Der Vorsitzende Richter Thomas Metzger sagte: "Der Angeklagte hat seinen Teil dazu beigetragen, dass das Netzwerk von Gewalt, Tyrannei und sexueller Gewalt funktioniert hat." Die missbrauchten Kinder von Detlef S. hätten so gut wie nie die Erfahrung gemacht, "dass ihnen ein Erwachsener als Helfender gegenübersteht". Er verwies auf die Vergewaltigung der damals zwölfjährigen Stieftochter im Jahr 1995 durch einen weiteren, bereits gestorbenen Mann, bei der Detlef S. und der Angeklagte zusahen und sich selbstbefriedigten.

Das Gericht befand den 61-Jährigen der zweimaligen Beihilfe zur Vergewaltigung sowie des mehrfachen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 22 Fällen und des Missbrauchs einer Jugendlichen in 29 Fällen für schuldig. Die heute 18-jährige Tochter von Detlef S. und ihre Stiefschwester seien "geschunden, gebrochen und für das Leben gezeichnet - unter tatkräftiger Mithilfe des Angeklagten", sagte Metzger. Der Richter wies Zweifel an den Aussagen der jungen Frauen und Nebenklägerinnen zurück, sie seien glaubwürdig. Dem Angeklagten habe hingegen auch einmal eine Lüge nachgewiesen werden können.

Der 61-Jährige hatte von einvernehmlichem Sex gegen Bezahlung gesprochen und bestritten, das Alter der Mädchen gekannt zu haben. Metzger verwies jedoch auf ein Foto, das die Stieftochter 1996 zeigt: "Da ist ein Kind zu sehen, da gibt es überhaupt keine Diskussion." Das habe dem Angeklagten als zweifachem Vater bewusst sein müssen. Der ergraute 61-Jährige im Karohemd brach während des Urteils in Tränen aus und schüttelte immer wieder den Kopf.

Nachdem die Ehefrau von Detlef S. am Mittwoch ausgesagt hatte, auf Wunsch ihres Mannes in den 80er Jahren Sex mit anderen Männern gehabt zu haben, wurde das ganze System des Missbrauchs deutlich. Seit 1995 nutzte der Vater seine Stieftochter für die Prostitution, für die zehn Jahre jüngere, leibliche Tochter begann das Martyrium 2006. "Abschließen kann man mit so einer Sache nicht. Aber das Urteil gibt ihnen Kraft", sagte die Tochter-Anwältin Sandra Buhr.

Der 61-Jährige muss den Opfern ein Schmerzensgeld von je 10.000 Euro zahlen. Sein Verteidiger stellte aber fest, dass sein Mandant mittellos sei.

Der 48-jährige Detlef S. hatte im ersten Verfahren zugegeben, drei seiner Kinder über Jahre missbraucht zu haben. Mit der Stieftochter hat er sieben Kinder. Sein Anwalt hat Revision beantragt, auch der Verteidiger des nun Verurteilten will diesen Weg gehen. Einem weiteren Mann wird in der kommenden Woche der Prozess gemacht. (dpa)

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