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Vorsicht, Geld.

© dpa

US-Studie zum Weihnachtsfest: Der Gedanke an Geld verführt zum Mogeln, wer an die Zeit denkt, wird ehrlicher

Eine kurz vor dem Weihnachtsfest veröffentlichte Studie legt nahe, dass Gedanken an Geld zum betrügen führen können, während der Gedanke an Zeit, vor allem an restlicher Lebenszeit den Menschen ehrlicher, besser und moralischer macht.

Zeit ist Geld, die Formulierung Benjamin Franklins ist sprichwörtlich geworden. Doch die Wirkungen auf das menschliche Denken und Handeln sind keineswegs gleichzusetzen. Wer sich innerlich gerade mit dem Thema Zeit beschäftigt hat, der ist danach ein anderer Mensch als jemand, der kurz zuvor mit Gedanken an Geld zu tun hatte. Vielleicht sogar ein besserer Mensch. Das legt zumindest eine Studie der beiden amerikanischen Psychologinnen Francesca Gino von der Harvard Business School und Cassie Mogilner von der Universität in Pennsylvania nahe, die kurz vor Weihnachten online in der Fachzeitschrift „Psychological Science“ erschienen ist.

Der normale Mensch betrügt nur zu 66,7 Prozent

Es stimmt zumindest für Testaufgaben, bei denen kleinere Belohnungen winken. Die Forscherinnen fanden heraus, dass Menschen in Tests weit eher mogeln, wenn sie kurz zuvor gedanklich auf die Geld-Fährte gelockt wurden. In einem ihrer Experimente setzten sie ihren Versuchspersonen zunächst vier Wörter vor, aus denen ein Satz zu formen war: Wo bei den einen als Substantiv „Preis“ stand, hatten es die anderen mit „Uhr“, eine neutrale dritte Gruppe mit „Socke“ zu tun. Anschließend mussten sie alle dieselben Zahlen-Knobeleien lösen – was vollständig in der zur Verfügung stehenden Zeit kaum möglich war. Für jede richtig gelöste Aufgabe durften sie sich einen Dollar aus einem bereitliegenden Umschlag nehmen. Die Teilnehmer gingen dabei davon aus, dass alles anonym vonstatten ging, konnten allerdings anhand einer individuellen Kennzahl identifiziert werden. Und siehe da: Diejenigen unter ihnen, die es in der einstimmenden Satz-Aufgabe mit der Zeit zu tun hatten, mogelten danach im Test deutlich seltener als die „Geld“-Gruppe: Waren es hier 87,5 Prozent, die sich zu viele Dollars nahmen, so waren es in der „Zeit“-Gruppe nur 42,4 Prozent. Die neutrale Kontrollgruppe lag mit 66,7 Prozent im Mittelfeld.

Verschiedene Versuchsanordnungen

In weiteren Experimenten mit anderen Probanden verbanden die beiden Psychologinnen diese Versuchsanordnung mit weiteren Raffinessen: So verkauften sie ihnen einmal ein und denselben Test entweder als Intelligenz- oder als Persönlichkeitstest. In einem weiteren Versuch stellten sie vor der Hälfte der Versuchsteilnehmer Spiegel auf und befragten sie später, wie stark sie während des Versuchs über sich selbst nachgedacht hätten. Die Spiegel, aber auch das Bewusstsein, einen Test zur eigenen Persönlichkeit zu machen, hielten auch die Teilnehmer, die in der Vorbereitungsphase gezielt auf die Geld-Fährte gelockt worden waren, weitgehend vom Mogeln in den Knobel-Spielen ab. Offensichtlich sei Selbstreflexion der Königsweg zu mehr Ehrlichkeit, so folgern die Psychologinnen. Die aber wird gefördert, wenn der Mensch Begriffe wie Zeit und Uhr auf sich wirken lässt, und geschwächt, wenn er mit Dingen wie Preis oder Geld konfrontiert ist, so legt eine vierte Teilstudie nahe: Über 200 Versuchsteilnehmer machten dort – nach derselben Start-Aufgabe mit den Sätzen zu Zeit, Geld und neutralen Begriffen – Aussagen darüber, wie viel Aufmerksamkeit sie gerade auf ihre „inneren Gefühle“, ihr Selbst und sich selbst als Person richteten. Danach bekamen auch sie alle Gelegenheit, bei einer Aufgabe zu mogeln und dadurch mehr Geld einzustreichen. Das Ergebnis: Wer am Anfang auf das Thema Zeit geeicht worden war, machte sich mehr Gedanken über sich selbst – und neigte weit weniger zum Betrügen.

Nachdenken über die eigene begrenzte Lebenszeit

Die Autorinnen folgern, man müsse Menschen zur Selbstreflexion und zum Nachdenken über die eigene begrenzte Lebenszeit führen. Solche Gedanken hätten das Zeug dazu, die Gesellschaft insgesamt moralischer zu machen. „Wenn Menschen ihre Gedanken auf das Phänomen Zeit richten, dann nehmen sie wahr, dass die Art, in der sie ihre Zeit verbringen, ihr Leben als Ganzes bestimmt. Und das ermuntert sie zu einem Handeln, das sie stolz machen kann, wenn sie über sich selbst nachdenken.“

Adelheid Müller-Lissner

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