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Hübsches Motiv für eine Weihnachtskarte? Den fotografierten Frauen scheint es zu gefallen.

© dapd

US-Waffenfreunde: Weihnachtsgrüße aus dem Maschinengewehr

Ein Schießklub in Arizona bietet eine besondere Weihnachtsattraktion: Kinder posieren mit Santa Claus – neben großkalibrigen Kriegswaffen. Nicht weit entfernt hatte ein Amokläufer Monate zuvor ein Blutbad angerichtet.

Es gibt kein Entkommen. Wenn es weihnachtet in Amerika, sind sie plötzlich überall. In Einkaufszentren, Kaufhäusern, auf Marktplätzen. Sitzen für ein paar Dollar die Stunde auf einem Sessel, der falsche Bart juckt und haart. Stoßen unregelmäßig „Ho-ho-ho“ hervor und lügen Kinder an, die sich im Minutentakt auf ihren Schoß setzen. Seid schön brav, dann bringe ich euch, was ihr euch wünscht. Mami knipst ein Foto, während schlechte Elfen-Darsteller gestresst die drängelnde Schlange in Schach halten. Jedes Jahr das gleiche.

Höchste Zeit, die Nummer aufzupeppen. Dachte sich ein Schießverein in der Provinz von Arizona, und verlieh dem Ritual ein bisschen mehr Kawumm: Im Scottsdale Gun Club können Freunde, Familien und Kinder neuerdings gemeinsam mit dem Weihnachtsmann posieren, nebst Weihnachtsbaum, Geschenken, Schneeflocken – und ein paar großkalibrigen Maschinengewehren.

Die Aktion heißt „Santa and Machine Guns“, am vergangenen Wochenende kamen 500 Leute. Der Clou: Für fünf Dollar (Mitglieder) oder zehn Dollar (Nichtmitglieder) hält ein Fotograf den unvergesslichen Moment fest, und fertig ist die individuelle Postkarte für Oma. Weihnachtsgrüße aus dem Maschinengewehr – wer würde sich nicht darüber freuen.

Und welch eine Abwechslung für den gemütlichen Dicken in Rot: Die Kleinen wünschen sich diesmal keinen Hamster, sondern die Halbautomatik, die sie gerade in ihren Händen halten. Oder das Prachtstück, die 80.000 Dollar teure Garwood Minigun, die die Ausmaße eines Siebenjährigen hat und mit bis zu 6000 Schuss pro Minute losorgelt. Sie würde Santas Gespann binnen Sekunden in Rentiermus verwandeln. Mami und Papi können die Kriegswaffen übrigens gleich nebenan in der größten Indoor-Schießhalle Amerikas mal ausprobieren.

Der Verein, der auch Waffen verkauft, ist begeistert von seiner weihnachtlichen Aktion. „Unsere Kunden suchten nach einem spaßigen und sicheren Weg, ihre Weihnachtsstimmung und ihre Leidenschaft für Feuerwaffen auszudrücken“, sagte Klubchef Ron Kennedy der Nachrichtenagentur AP. Der Vater eines 11-jährigen Jungen und eines 14-jährigen Mädchens findet, es gehe um persönliche Rechte. „Wenn du die Weihnachtszeit mit Santa und deiner Lieblingswaffe verbringen willst, warum sollte ich das verhindern?“

Arizona gilt als waffenfreundlichster US-Staat

Der Spaß war am Wochenende offenbar groß. Ein Foto, das Teilnehmer ins Internet gestellt haben, zeigt einen etwas bräsig blickenden Santa neben einem lächelnden Jungen, der nur mit Mühe eine AR-15 mit aufmontiertem Granatwerfer halten kann. Auf einem anderen Bild hat der Weihnachtsmann ein Baby im Militär-Strampelanzug im Arm, dessen Eltern ihre Gewehre zeigen. 150 solcher Fotos sind nach Klubangaben am Samstag entstanden.

Der Schießverein passt ganz gut nach Arizona, ein Staat, der als einer der waffenfreundlichsten Amerikas gilt. Hier ist man stolz auf seine Wildwest-Vergangenheit, die entsprechenden Gesetze sind lax, und 1200 lizensierte Waffenhändler finden ihre Kunden. Es ist aber auch der Staat, in dem einer der schlimmsten Amokläufe der jüngeren US-Geschichte zu beklagen war. Keine 200 Kilometer von Scottsdale, in Tucson, hatte ein Attentäter im Januar sechs Menschen erschossen und 13 verletzt – darunter die Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords. Nach dem Kopfschuss, den sie wie durch ein Wunder überlebte, kann sie bis heute nicht richtig sprechen.

Waffengegner finden „Santa and Machine Guns“ deshalb gar nicht lustig. Dass hier Kinder neben Maschinengewehren gezeigt werden, nur zehn Monate nach dem Amoklauf, sei symbolhaft für die Freunde der laschen Waffengesetze, sagte Ladd Everitt, Sprecher der Organisation „Coalition to Stop Gun Violence“ Handelsblatt Online. Die Bewegung werde „immer perverser und rücksichtsloser“.

Steve Farley, Abgeordneter im Senat von Arizona, feuerte lieber mit seiner Bibel. „Maschinengewehre und Santa in Zusammenhang mit der Geburt Jesu Christi zu bringen, ist die schlimmste Ketzerei, die ich mir vorstellen kann“, sagte der Demokrat. „Ich würde den Leuten, die das erfunden haben, raten, im Neuen Testament nachzulesen“. Farley hatte nach dem Tucson-Attentat versucht, die Gesetze für die Art von Waffen zu verschärfen, wie sie der Amokläufer benutzte. Ohne Erfolg.

Die Waffenfreunde von Scottsdale und ihr Weihnachts-Ballermann lässt solche Kritik kalt. Man werde die Aktion so lange weiterführen, wie es Interesse daran gebe, kündigte Klubchef Kennedy an. Der nächste Termin mit Santa ist am 10. Dezember.

(Quelle: Handelsblatt.com)

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