zum Hauptinhalt

USA: Abtreibungsarzt in Kirche erschossen

In den USA ist der umstrittene Abtreibungsarzt George Tiller einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. US-Präsident Barack Obama zeigte sich schockiert über die Tat. Tiller war einer der wenigen Ärzte in den USA, die noch Spätabtreibungen vornehmen.

Ein bekannter Abtreibungsarzt in den USA ist im Bundesstaat Kansas bei einem Kirchenbesuch erschossen worden. Ein Mann habe den auf Schwangerschaftsabbrüche im fortgeschrittenen Stadium spezialisierten Arzt George Tiller am Sonntagvormittag in der Kirche seiner Gemeinde in Wichita erschossen, berichteten US-Medien. US-Präsident Barack Obama verurteilte die Tat als ein "abscheuliches" Verbrechen.

Bereits wenige Stunden nach der Tat wurde ein 51-jähriger Mann unter dringendem Tatverdacht festgenommen, wie der Nachrichtensender CNN am Montag berichtete. "Wir glauben, dass wir den Richtigen festgenommen haben", zitierte der Sender den Polizeibeamten Tom Stoltz. Der Täter hatte die tödlichen Schüsse im Eingangsbereich der Kirche auf den 67-Jährigen abgefeuert. Kurze Zeit später habe man einen blauen Ford davonfahren sehen, hieß es.

Arzt als Zielscheibe

Tillers Familie erklärte nach dem Anschlag, der Arzt habe "sein Leben dem Ziel gewidmet, Frauen trotz ständiger Drohungen und Gewalt eine hochwertige Gesundheitsversorgung zu gewähren". "Wir möchten, dass er als guter Ehemann, Vater und Großvater sowie als leidenschaftlicher Diener der Frauenrechte überall in Erinnerung bleibt", zitierte der Fernsehsender KWCH TV aus der Erklärung.

Tiller war einer der wenigen Ärzte in den USA, die noch Spätabtreibungen vornehmen. Der 67-Jährige und seine Klinik waren wiederholt Zielscheibe militanter Abtreibungsgegner. 1986 wurde seine Klinik bei einem Bombenanschlag schwer beschädigt. Sieben Jahre später schoss eine Frau in seiner Klinik auf ihn; er überlebte mit Schusswunden in beiden Armen. Die Attentäterin erhielt elf Jahre Gefängnis. Immer wieder hielten Abtreibungsgegner vor seiner Klinik in Wichita Kundgebungen ab.

Im März wurde Tiller von dem Vorwurf freigesprochen, 2003 insgesamt 19 illegale Abtreibungen vorgenommen zu haben. Während des Prozesses wurde bekannt, dass er jahrelang unter Polizeischutz gestanden hatte, nachdem sein Name an prominenter Stelle einer Todesliste aufgetaucht war. Spätabtreibungen sind in Kansas zugelassen, wenn zwei Ärzte unabhängig voneinander zu dem Schluss kommen, dass die Gesundheit der Mutter bei der Geburt schweren Schaden nehmen könnte.

Abtreibungsgegner verurteilen die Tat

Die strikten Abtreibungsgegner von der "Operation Rescue" (Operation Rettung), die immer wieder Protestaktionen gegen Tiller angeführt hatte, verurteilten in einer ersten Erklärung die Tat und sprach von einem "feigen Akt". Doch der Gründer der Gruppe, Randall Terry, der inzwischen nichts mehr mit ihr zu tun hat, beharrte darauf, dass der Arzt ein "Massenmörder" gewesen sei.

Die Abtreibungsdebatte wird in den USA seit Jahrzehnten heftig geführt. Obama war vor zwei Wochen von Abtreibungsgegnern kritisiert worden, nachdem er sich in einer Rede für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ausgesprochen hatte, zugleich aber eine Versöhnung der verfeindeten Lager forderte. Die Abtreibungsgegner empören sich zudem über die Ernennung der ehemaligen Gouverneurin von Kansas, Kathleen Sebelius, zur Gesundheitsministerin. Sie war mit dem Abtreibungsarzt Tiller bekannt.
(nal/dpa/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false