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„Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel“, sagte Uschi Glas einmal.

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Uschi Glas wird 70: Das Fräulein Saubermann der Nation

Uschi Glas blickt auf eine lange Karriere zurück. Aber die Schauspielerin eckt auch an – heute wird sie 70.

Sie wählt die CSU und ist gegen den Mindestlohn, das weiß man spätestens seit ihrem Auftritt bei Markus Lanz im vergangenen November. Ihre Ablehnung des Mindestlohns erklärte Uschi Glas damit, „dass wir in den neuen Bundesländern nicht gut qualifizierte Menschen haben“. Die Empörung war groß, nicht nur im östlichen Teil Deutschlands, es folgte ein heftiger Shitstorm im Netz, und sie musste zugeben, sie habe ihre Worte unglücklich gewählt. Eines hat dieser mittlere Skandal immerhin verdeutlicht: Was Uschi Glas sagt, war nicht gleichgültig, auch unbedachte Äußerungen nicht.

Uschi Glas, die an diesem Sonntag ihren 70. Geburtstag feiert, ist seit fast einem halben Jahrhundert das Fräulein Saubermann der Nation. Ihre Biografie blieb mit wenigen Einschränkungen skandalfrei. Nie gab es Alkohol- oder Drogenexzesse. An ihrem einzigen Joint, beteuerte sie, habe sie nur kurz gezogen und das lediglich unter Gruppenzwang. Während die meisten ihrer Kollegen den Wahlkampf von Willy Brandt unterstützten, bekannte sie sich zu Franz Josef Strauß. Und als Helmut Kohl wegen seiner Parteispendenaffäre in Bedrängnis geriet, überwies sie demonstrativ 10 000 DM auf dessen Konto.

Pechsträhne seit 2002

Dass sie so gegen den Strom schwamm, war sicher ein Grund für die Häme, mit der ihre 2002 einsetzende Pechsträhne begleitet wurde. Zuerst kamen Fotos ihres Ehemannes Bernd Tewaag mit einer jüngeren Geliebten an die Öffentlichkeit. Dann sorgte der gemeinsame Sohn Benjamin für Negativ-Schlagzeilen: Für seine Taten musste er für 18 Monate ins Gefängnis. Doch die größte Demütigung erlebte Uschi Glas im Zusammenhang mit einer selbst entwickelten Hautcreme. Die Creme schade der Haut, behauptete die Stiftung Warentest. Ein gefundenes Fressen für Stefan Raab, der in „TV total“ einen Ausschnitt aus einem Fernsehfilm präsentierte, in dem Uschi Glas sich übergibt und anschließend in den Spiegel schaut. „Normalerweise“, spottete er, „ist es umgekehrt. Sie schaut zuerst in den Spiegel und muss dann kotzen“. Die satirische Website „Stupidedia.org“ charakterisierte sie als „eine hochgefährliche Hobbychemikerin, die Plastiksprengstoff als Hautcreme verkauft“.

Der Schlüsselfilm von 1968. Uschi Glas mit ihrem Kollegen Werner Enke und der Regisseurin May Spils bei den Dreharbeiten zu dem Film „Zur Sache Schätzchen“.
Der Schlüsselfilm von 1968. Uschi Glas mit ihrem Kollegen Werner Enke und der Regisseurin May Spils bei den Dreharbeiten zu dem Film „Zur Sache Schätzchen“.

© dpa

Inzwischen ist Glas schon seit ein paar Jahren in zweiter Ehe verheiratet. In ihren neueren Filmauftritten zeigte sie Talent und Mut zur Selbstironie. Etwa im erfolgreichsten deutschen Kinofilm des vergangenen Jahres, „Fack ju Göhte“. Sie spielt darin eine gestresste Schulleiterin, die aus dem Fenster springt und darüber lachen kann, dass sie nicht einmal einen Selbstmordversuch hinbekommt. Kurz darauf war sie in der Krimiserie „Soko Stuttgart“ zu sehen – als Titelheldin der Folge „Die Cremeprinzessin“.

Die langjährige Sauberfrau des deutschen Films gilt als überaus bodenständig, womöglich Folge ihrer Herkunft. Ihr Vater war Angestellter bei einem Autohersteller; Uschi, eigentlich Helga Ursula, das jüngste der vier Kinder, ließ sich nach der mittleren Reife zur technischen Zeichnerin und Buchhalterin ausbilden, zog von Landau an der Isar nach München und pflegte dort Kontakte zur Filmszene. Der Produzent Horst Wendlandt erkannte ihr Potenzial und baute sie zum Star auf. Opas Kino war noch lange nicht tot, nach Romanvorlagen von Edgar Wallace und Karl May entstanden die erfolgreichsten deutschen Filme der 1960er Jahre, und Uschi Glas war häufig mit von der Partie.

Die eher unbekannte Seite des oft ausgelachten Film-„Schätzchens“

Sie trat auch in den damals populären Lümmel- und Paukerfilmen auf. May Spils’ Kult-Komödie „Zur Sache, Schätzchen“, ein Schlüsselfilm des Jahres 1968, galt als frech, aber nicht provozierend. Der Striptease, den Uschi Glas auf einer Polizeiwache vorführt, bleibt geschmackvoll und unvollendet. Der gesamte Film war keine Kampfansage gegen Opas Kino, eher ein Versuch, es aufzupeppen. Uschi Glas gewann hierfür den ersten ihrer vielen Bravo-Ottos und Burda-Bambis, es folgten Goldene Kameras und das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

Als familiengerechte Unterhaltung nur noch vom Fernsehen produziert wurde, verlagerte sie ihre Tätigkeit dorthin. Nach dem Tod von Roy Black übernahm sie „Ein Schloss am Wörthersee“. Sie war die „Tierärztin Christine“, man sah sie in „Anna Maria – Eine Frau geht ihren Weg“, in Sonntagabend-Schmonzetten nach Utta Danella, Rosamunde Pilcher und Katie Fforde oder in Kochsendungen.

Im Gegensatz zu Gila von Weitershausen, die in drei Wochen ihren 70. Geburtstag feiert und einst als „Engelchen“ dem „Schätzchen“ Konkurrenz machte, hat Uschi Glas als Schauspielerin alles Sinnliche und Abgründige vermieden. Dafür hilft sie Obdachlosen und Schulkindern, die sich kein Frühstück leisten können. Die eher unbekannte Seite des oft ausgelachten Film-„Schätzchens“.

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