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Verbraucher: Gift im Essen

Ein kriminelles Netz von Händlern vertreibt nach Darstellung der Umweltschutzorganisation Greenpeace verbotene Pestizide in Süddeutschland. 88 Prozent des aus konventionellem Anbau stammenden Obstes war mit Pestizidrückständen belastet.

Berlin - "Die Kunden der Gifthändler sind skrupellose Bauern, die die Pestizide illegal auf Obst oder Gemüse verspritzen", sagte Manfred Krautter, Chemie-Experte von Greenpeace. Vier Anbieter gehörten zum Raiffeisen-Verband, der pauschale Schuldzuweisungen zurückweist. Die Umweltschützer gehen davon aus, dass es das Problem auch in Norddeutschland und den neuen Bundesländern gebe.

Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) bestätigte, dass es sich um vier eigenständige Unternehmen handele, die Mitglied im DRV seien. Diese Firmen "werden das Fehlverhalten konsequent verfolgen und ahnden", betonte DRV-Generalsekretär Rolf Meyer. Er wies zugleich "jegliche pauschalen Schuldzuweisungen" zurück. Krautter kritisierte dagegen, dass Raiffeisen "massiv in die kriminellen Machenschaften verstrickt sei".

"Spitze des Eisbergs"

Die 38 von Greenpeace sicher gestellten Spritzmittelpackungen enthielten elf in Deutschland und drei auch EU-weit verbotene Wirkstoffe. Die Umweltorganisation hat nach eigenen Angaben gegen die elf Händler Anzeige wegen Verstoßes gegen das Pflanzenschutzgesetz und des Verdachts auf Steuerhinterziehung erstattet. Martin Hofstetter von Greenpeace sagte, bei der großen Zahl aufgedeckter Fälle im südwestdeutschen Raum handele es sich vermutlich nur um die "Spitze des Eisbergs".

Die Händler hätten an Umweltschützer insgesamt etwa 100 Kilogramm Pestizide wie Bifenthrin, Malathion und Diethion, die entweder in Deutschland nie zugelassen waren oder seit vielen Jahren verboten seien, verkauft. Krautter betonte: "Wir sind entsetzt, dass es ganze Händler-Netzwerke gibt, die stark giftige, krebserregende, die Fortpflanzung und das Hormonsystem schädigende Mittel vertreiben." Bereits der Fötus im Mutterleib könne durch diese akut giftigen Stoffe geschädigt werden, sagte Krautter. Zudem führten die meist billigeren Mittel zu schweren Schäden in der Natur und Belastungen des Grundwassers.

Rückstände solcher Mittel würden immer wieder von Greenpeace und Kontrollbehörden in Lebensmitteln deutscher Herkunft nachgewiesen. In einer Untersuchung von Juli 2006 bewertete die Organisation 15 Prozent der geprüften Kirschen, 29 Prozent der Johannis- und 33 Prozent der Stachelbeeren als zu hoch mit Pestiziden belastet. 88 Prozent des aus konventionellem Anbau stammenden Obstes war mit Pestizidrückständen belastet.

Greenpeace fordert bessere Kontrollen und wirksamere Strafen

DRV-Generalsekretär Meyer verurteilte den Verkauf von nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln in Deutschland. Er kritisierte die nach seiner Ansicht unzureichende Harmonisierung in der EU. Viele Pflanzenschutzmittel, die hierzulande nicht zugelassen seien, dürften in anderen Mitgliedstaaten uneingeschränkt vertrieben und angewendet werden, sagte er. Laut Greenpeace handelt es sich bei den illegalen Spritzmitteln größtenteils um Neuware, beispielsweise aus Indien, aber auch um Altbestände.

Greenpeace will die eingekauften Pestizide Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) übergeben. Die Umweltschutzorganisation fordert verstärkte Kontrollen und wirksame Strafen beim Verkauf oder Einsatz illegaler Spritzmittel wie der Entzug der Handels- beziehungsweise Produktionserlaubnis oder die Streichung von Agrarsubventionen. (tso/ddp)

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