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Panorama: Verglühter Stern

In Hamburg hat der Prozess gegen Stadtplan-Erbe Alexander Falk begonnen – wegen Kursmanipulation

Den lässigen Charme von einst hat er verloren. Kaum etwas in seinem Gesicht lässt mehr auf den strahlenden Lebemann und erfolgreichen Emporkömmling der New Economy schließen. Hohlwangig und blass sind die Gesichtszüge, die einst blonden, sonnenverwöhnten Locken sind jetzt braun und mit Gel angelegt. So erscheint Alexander Falk am Freitag zu seinem Prozess vor dem Hamburger Landgericht. Trotzdem will das Lächeln des Angeklagten, bei dem sich immer wieder die Nase kräuselt und die Wangen leicht nach oben schieben, Zuversicht verbreiten. Auch der Einreiher und das modische Hemd mit Pastell-Krawatte sitzt wie eh. Der 35-Jährige versucht sich im lässigen Winken Richtung vollbesetzter Zuschauerbänke, aber von dem seriösen Multimillionär, der zeitweise auf Platz 83 der Liste der reichsten Deutschen geführt wurde, ist nicht mehr viel zu spüren. Auch die Armada von hochrangigen Anwälten um ihn herum wirft nur einen geringen Glanz auf den einst smarten Finanzjongleur. Wie erwartet gerät der Morgen des Prozessauftaktes zum Schaulaufen der bekanntesten Rechtsanwälte der Stadt. Falk wird verteidigt von dem erfolgreichen Revisionsanwalt Gerhard Strate, der auch Verteidiger des mutmaßlichen Terrorhelfers Mounir El Motassadeq ist. Außerdem sitzen Thomas Bliwier und der Kieler Rechtsprofessor Erich Samson an Falks Seite.

Die Große Strafkammer 20 unter dem Vorsitz von Richter Nikolaus Berger tagt in Hamburgs Vorzeigegerichtssaal, dem Plenarsaal. Wenige Jahre zuvor wurde hier aufwendig der Stuck freigeklopft, teures Parkett gelegt und mit gepolsterten Sitzen bestuhlt. Erhellt wird der in vornehmem Apricot gehaltene Saal von überdimensionierten Designer-Kronleuchtern.

Die Staatsanwälte werfen dem Stadtplan-Erben Alexander Falk, von Freunden Sascha genannt, schweren Betrug, Kursmanipulation und Steuerhinterziehung vor. Er soll den Aktien-Wert des Internet-Dienstleisters Ision AG als Vorstandsvorsitzender mit Hilfe der Mitangeklagten durch Scheingeschäfte künstlich hochgepusht haben. Danach habe er die Firma, die unter anderem Internetseiten von Tchibo, Beiersdorf, Spiegel und ARD betreute, völlig überteuert an den britischen Telekomanbieter Energis plc. für etwa 800 Millionen Euro verkauft. Die Firma ging Pleite. Geschätzter Mindestschaden: 46,7 Millionen Euro.

Der 35-Jährige wolle sich einlassen, verspricht Gerhard Strate. Am ersten Verhandlungstag aber reicht es nur zu dem Hinweis des Jungunternehmers, er könne gut auf das Mittagessen verzichten, um den Gang des Prozesses nicht zu behindern. Dafür redet Anwalt Strate. Der charismatische Redner scheut keine Vergleiche zur Militärgerichtsbarkeit. Die Hamburger Strafjustiz habe sich „von der kläglichsten Seite gezeigt“. „Wir werden nie wieder einem Mandanten den Rat erteilen, sich zu stellen.“ Damit ist er sich mit seinem Mandanten einig. Vor kurzem wurde bekannt, dass Falk ein Schriftstück aus der Haft schmuggeln ließ, das für einen Freund in Südafrika bestimmt war. Darin hieß es, er habe „nicht die Absicht, die nächsten drei Jahre mit einem vollständig nutzlosen Verfahren zu verbringen, das er ohnehin gewinnen werde“.

Savina Koch[Hamburg]

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