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Radler sind auf Bürgersteigen und Waldwegen ein großes Ärgernis.

© dpa

Verkehrsgerichtstag in Goslar: Gegen Kampfradler und Rüpel

Radler nötigen Fußgänger auf Bürgersteigen und Waldwegen. Sie setzen mit ihrem Rüpelverhalten auch Autofahrer unter Druck. Der Verkehrsgerichtstag in Goslar beschäftigt sich vor allem mit ihnen, aber auch mit der Reform des Flensburger Punktesystems.

Radeln ohne Licht, kein Respekt vor roten Ampeln und falsch herum durch die Einbahnstraße: Rüpelradler sollen nach dem Willen von Experten strenger bestraft werden. Der Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstages, Kay Nehm, sagte am Donnerstag zur Eröffnung der Konferenz in Goslar, die „offensichtliche behördliche Duldung lebensgefährlicher Verhaltensweisen“ vieler Radler sei ein Skandal. Autofahrer müssten in der dunklen Jahreszeit höllisch aufpassen. „Kaum ein Radler fährt mit vorgeschriebener Beleuchtung, kaum ein Radler kümmert sich um Fahrtrichtung oder um Ampeln.“

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa sprachen sich 82 Prozent der Deutschen für mehr Polizeikontrollen und teurere Strafen für Rüpelradler aus. Als Autofahrer fühlten sich 81 Prozent bedroht, wenn Radfahrer ohne Licht fahren, rote Ampeln missachten und falsch in Einbahnstraßen einbiegen würden. Nehm sagte, die Misere werde nicht dadurch gemildert, „dass uns die Lichtmuffel nach den Vorstellungen der Verkehrspolitik künftig unter dem Helm begegnen sollen“.

Weiteres Thema auf dem bis Freitag dauernden Verkehrsgerichtstag mit mehr als 1900 Experten sind Tempokontrollen, um Raser zu disziplinieren. Jedes Jahr verursachen Temposünder allein in Deutschland knapp 70 000 Unfälle. Rund 40 Prozent der Verkehrstoten sterben bei Kollisionen, die auf zu hohes Tempo zurückzuführen sind, berichtete der Automobilclub Europa ACE. Die Experten sind sich zwar einig, dass Maßnahmen gegen Schnellfahrer nötig sind. Verkehrsklubs und Juristen kritisieren aber, dass die derzeitigen Messergebnisse von Blitzern nicht immer nachvollziehbar seien.

Dringend erforderlich sei auch ein besserer Schutz vor Geisterfahrern, mahnte Nehm. Er beklagte, die mit Leitpfeilen versehenen Verkehrsinseln am Beginn der Auffahrten seien eine Falle. „Das gilt vor allem bei schlechter Sicht, wenn das Fahrlicht vor dem Abbiegen geradeaus strahlt“. Vor Geisterfahrern auf der Autobahn haben der YouGov-Erhebung zufolge 69 Prozent der Deutschen persönlich als Fahrer oder Beifahrer Angst. Sinnvoll wären nach Überzeugung von 70 Prozent große Warnschilder mit der Aufschrift „Stop Falsch“, wie es in Österreich üblich ist. Metallkrallen an Autobahnauffahrten, die nur in eine Richtung überfahren werden können, befürworten 59 Prozent der Deutschen. Nach Informationen des ADAC ist die Zahl der Geisterfahrer seit Jahren konstant.

Nehm erneuerte am Donnerstag seine Kritik an der geplanten Reform des Punktekatalogs und nannte den Gesetzentwurf der Bundesregierung enttäuschend. Schwer nachvollziehbar sei zum Beispiel, dass eine Verurteilung wegen eines Verkehrsdeliktes zu maximal 90 Tagessätzen Geldstrafe zwar schon nach fünf Jahren aus dem Bundeszentralregister getilgt werde, die Punkte im Flensburger Register aber doppelt so lange stehen bleiben würden. Dass künftig jedem Autofahrer bei acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen werden soll, benachteiligt laut Nehm vor allem Berufspendler und Vielfahrer. Ähnliche Kritik hatten zuvor bereits Automobilklubs und Verkehrsanwälte geübt. Der frühere Generalbundesanwalt bemängelte in diesem Zusammenhang besonders die fehlende Möglichkeit, Punkte durch die Teilnahme an Seminaren abzubauen und damit einen drohenden Führerscheinverlust abzuwenden.

Widerspruch kam dazu von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag) sagte DPolG-Chef Rainer Wendt: „Sich mit Seminaren doch wieder die Punkte-Unschuld zu erkaufen, lädt vor allem gut Betuchte zum Rasen ein. Notorische Raser sind aber gemeingefährlich.“

Die Bundesländer verlangen ebenfalls Nachbesserungen an der Reform. Wie die „Saarbrücker Zeitung“ berichtete, sehen die Bundesländer „grundlegenden Änderungsbedarf“. Dies gehe aus einer Empfehlung des Verkehrs- und Innenausschusses des Bundesrats an die Länderministerpräsidenten hervor. Es bestehe die Befürchtung, dass davon „insbesondere notorische Geschwindigkeitstäter profitieren“. Das Bundeskabinett hatte die Reform der Flensburger Verkehrssünderdatei im vergangenen Dezember auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf muss noch durch Bundestag und Bundesrat. (dpa/AFP)

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