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Schwerin

© dpa

Verwahrlosung: Trauer um Lea-Sophie - Schwerin räumt Fehler ein

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich von dem Hungertod der fünfjährigen Lea-Sophie in Schwerin "tief betroffen" gezeigt. Der Schweriner Oberbürgermeister räumte "Lücken im System" ein.

"Das Schicksal des kleinen Mädchens hat die Kanzlerin sehr tief betroffen und angerührt", sagte Vize- Regierungssprecher Thomas Steg. Merkel verfolge die Berichterstattung mit großem Interesse und Anteilnahme. Der Tod von Lea-Sophie sei ein weiteres Beispiel dafür, wie aufmerksam die zuständigen Behörden sein müssten und wie wichtig auch Hinweise von Nachbarn auf solche Fälle von Vernachlässigung seien. Merkel wolle aber nicht bewerten, wo es Versäumnisse gegeben habe. Steg verwies auf die Ermittlungsbehörden.

Das Bundesfamilienministerium rief dazu auf, risikoreiche Familien möglichst früh zu beobachten und langfristig zu begleiten. Es sei wichtig, dass man durch das nationale Zentrum "Frühe Hilfen" "möglichst früh an diese Hochrisikofamilien herankommt, schon bevor etwas passiert ist", sagte ein Ministeriumssprecher. Er nannte die Jugendhilfe, Hebammen und Kinderärzte als Beispiele.

Lücken im System

Nach dem Tod von Lea-Sophie hatte Schwerins Oberbürgermeister Norbert Claussen (CDU) mögliche Lücken im System der Kinder- und Jugendhilfe eingeräumt. Der Tod des Mädchens zeige, "dass die Mechanismen offensichtlich nicht ausgereicht haben", sagte Oberbürgermeister Norbert Claussen (CDU). Den Mitarbeitern des Amtes könne nach bisherigem Kenntnisstand kein Versäumnis vorgeworfen werden. Das Jugendamt habe nach bisherigem Kenntnisstand "vorschriftsmäßig, ordnungsgemäß und sachgerecht" gehandelt. Leider habe ein Mitarbeiter jedoch im Rahmen seiner Kompetenzen eine Entscheidung getroffen, die sich "im Nachhinein als nicht richtig" herausgestellt habe, sagte Claussen.

Die fünfjährige Lea-Sophie war am Mittwoch gestorben, weil ihre Eltern sie laut Staatsanwaltschaft über Monate hinweg hatten verhungern lassen. Die 23-jährige Mutter und der 26-jährige Vater sitzen wegen gemeinschaftslichen Totschlags in Untersuchungshaft. Nach Darstellung der Stadt hatte das Jugendamt der Familie im November 2006 und im Juni 2007 nahegelegt, Lea-Sophie in eine Vorschulgruppe im Kindergarten zu geben. Das Angebot wurde von den Eltern nicht angenommen. In Schwerin gehen rund 95 Prozent der Fünfjährigen in den Kindergarten.

Anonymer Hinweis

Acht Tage vor dem Tod Lea-Sophies ging ein anonymer Hinweis beim Jugendamt ein, in dem sich mutmaßlich ein Nachbar um das Wohl des acht Wochen alten Bruders von Lea-Sophie sorgte. Jugendamtsmitarbeiter trafen die Familie bei einem unangemeldeten Besuch nicht an, hinterließen aber eine Nachricht.

Laut Stadtverwaltung erschienen die Eltern daraufhin mit ihrem augenscheinlich gut versorgten Kleinkind beim Jugendamt und führten ein längeres Beratungsgespräch, bei dem der erfahrene Mitarbeiter keinerlei Hinweise zum Zustand Lea-Sophies erhalten habe. Das Mädchen war demnach bei dem Gespräch nicht anwesend. Als der Jugendamtsmitarbeiter sich nach ihrem Verbleib erkundigte, habe er zur Antwort bekommen, sie sei bei Bekannten. (mit dpa/AFP)

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