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Verwüstung nach Hurrikan "Sandy": New Yorks Bürgermeister Bloomberg im Sturm

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg stößt in der gegenwärtigen Lage die Bevölkerung vor den Kopf. Er trifft nicht den richtigen Ton, weil er die Stimmung in der Stadt völlig falsch einschätzt. Und jetzt kommt noch die große Kälte.

Es kann für einen Politiker entscheidend sein, in der Krise den richtigen Ton zu treffen. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg ist kein Meister dieses Fachs. Gerade hat er noch die Kurve gekriegt, als er den Marathon absagte. Tagelang zeigte sich Bloomberg uneinsichtig, trotz Kritik städtischer Mitarbeiter, der Polizeigewerkschaft, Manhattans Bezirksbürgermeister Scott Stringer und der Stadtratschefin Christine Quinn, einer engen Vertrauten Bloombergs. Angesichts zunehmender Forderungen lenkte er am Freitag dann doch ein. „Wir können nicht zulassen, dass ein Sportereignis – selbst ein so wichtiges wie dieses – die Aufmerksamkeit von der wirklich entscheidenden Arbeit ablenkt, nämlich uns von den Folgen des Sturms zu erholen“, sagte Bloomberg.

Zuvor hatte er mit seinen Durchhalteparolen die von Sturm „Sandy“ schwer gebeutelten New Yorker immer wieder vor den Kopf gestoßen. Der Bürgermeister gilt als effizient und pragmatisch, als Philanthrop und Modernisierer. Er macht allerdings auch immer wieder den Eindruck, als verstehe er die Sorgen der einfachen Leute nicht.

Der Marathon spüle Einnahmen in Höhe von 340 Millionen Dollar in die Kassen, ließ er immer wieder verkünden. Ein Zitat wirkte besonders deplatziert: „Ich denke, jene, die wir verloren haben, hätten gewollt, dass wir die Wirtschaft und die Stadt am Laufen halten“, sagte er vor wenigen Tagen. Angesichts von mehr als 40 Todesopfern allein in New York wirkte das auf viele herzlos.

„Er hat keine Ahnung, mit was wir hier zu kämpfen haben“, sagt Joan Wacks, deren Wohnung im Stadtteil Staten Island unter Wasser steht. „Er sollte der Bürgermeister der ganzen Stadt sein, aber er ist eigentlich nur der Bürgermeister von Manhattan.“ Melanie Bright musste nach Sturm „Sandy“ drei Tage ohne Strom und warmem Wasser auskommen. Sie glaubt, dass Bloomberg schlicht die Verbindung zu seinen Bürgern verloren hat. „Er glaubt, die Leute sollten einfach weitermachen, obwohl sie alles verloren haben“, sagt Bright.

Bloomberg fiel es bereits in der Vergangenheit manchmal schwer, angesichts des Leids seiner Mitbürger den richtigen Ton zu treffen. „Man muss weitermachen und etwas tun“, fuhr er fort. „Man kann gleichzeitig trauern, weinen und lachen.“

Viele New Yorker hatten für solche Worte kein Verständnis. Er verfehlte komplett die Stimmung in der Stadt.

Schon in der Vergangenheit machte der Bürgermeister den Eindruck, dass er kaum wirklich versteht, was die New Yorker bewegt. Als die Stadt 2010 unter einer fast einen Meter hohen Schneedecke versank, empfahl er den Bürgern, die weiße Pracht zu genießen oder sich eine Show am Broadway anzusehen. Dass viele Einwohner der Außenbezirke wegen der nicht geräumten Straßen ihre Viertel nicht verlassen konnten oder kein Geld für einen Theaterbesuch hatten, kam dem Milliardär offenbar nicht in den Sinn.

Den New Yorkern steht ein Kälteeinbruch bevor. Das Rote Kreuz erklärte, vor dem neuen, für Mittwoch angekündigten Herbststurm bemühe es sich verstärkt um die Einrichtung warmer Unterkünfte für Hurrikanopfer ohne Heizung. An der Ostküste sorgte vielerorts Benzinknappheit für chaotische Zustände, rund 2,5 Millionen Menschen waren weiter ohne Strom. Die Temperaturen in New York fielen am Wochenende. In New York litten am Wochenende mehr als 871 000 Menschen infolge von „Sandy“ weiter unter Stromausfall, wie der Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, sagte. Weil viele Heizungen elektrisch betrieben werden, saßen zahlreiche Einwohner in kalten Wohnungen. Allerdings konnte in Manhattan die Stromversorgung fast vollständig wiederhergestellt werden. Einsatzkräfte arbeiteten das Wochenende über daran, die Versorgung in den Schulen sowie in den Wahllokalen für die Präsidentschaftswahl am Dienstag wiederherzustellen. (mit dapd/AFP)

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