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Panorama: Viele Piloten fühlen sich nur unzureichend auf Krisensituationen wie Entführungen vorbereitet

Obwohl sich heutzutage trotz aller Sicherheitskontrollen weltweit noch zehn bis 20 Flugzeugentführungen pro Jahr ereignen, werden die Besatzungen zum Teil nur spärlich für solche Krisen geschult. "Viel ist da nicht", so der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit (VC), Georg Fongern.

Obwohl sich heutzutage trotz aller Sicherheitskontrollen weltweit noch zehn bis 20 Flugzeugentführungen pro Jahr ereignen, werden die Besatzungen zum Teil nur spärlich für solche Krisen geschult. "Viel ist da nicht", so der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit (VC), Georg Fongern. Wie in anderen Notfällen auch, sei "die Kreativität der Kollegen" gefragt, so der Sicherheitsexperte im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Alle zwei bis drei Jahre gibt es für Lufthansa-Piloten ein Training, bei dem mit Hilfe von Videofilmen Verhaltensregeln aufgefrischt und aktuelle Fälle aus dem Luftverkehr besprochen werden. Das ist nicht überall so. Fongern kritisiert, dass ungeachtet der zunehmenden Aufhebung der Grenzen zwischen Linien- und Charterflügen viele Ferienfluggesellschaften nach wie vor der Meinung sind, dass die Möglichkeit einer Entführung für sie kein Thema ist.

In gemeinsamen Arbeitsgruppen der internationalen Pilotenvereinigung IFALPA und der weltumspannenden Zivilluftfahrtorganisation ICAO werden regelmäßig Erfahrungen aufgearbeitet. Die Vereinigung Cockpit selbst gibt etwa alle fünf Jahre Informationsschriften an ihre Mitglieder über das Verhalten in Hijackingfällen heraus.

Eine Flugzeugentführung kann sich unter den unterschiedlichsten Bedingungen abspielen, deshalb sind die Besatzungen ungeachtet jeder Ausbildung weitgehend darauf angewiesen, die Situation selbst einzuschätzen und entsprechend zu handeln. Gerade bei längeren Entführungen ist dabei auch das sogenannte Stockholm-Syndrom zu berücksichtigen, jener Zeitpunkt, zu dem es aufgrund der psychischen Anspannung zu einer Solidiarisierung der Entführten mit den Entführern kommen kann.

Dennoch könnten Piloten einer solchen Situtation besser vorbereitet gegenüber stehen. Georg Fongern spricht sich für ein gemeinsames Training von Piloten und Sicherheitskräften aus. "Viele Kollegen wissen im Fall einer Entführung nicht, was am Boden vorgeht. Sie fühlen sich allein gelassen, weil sie glauben, dass für sie nichts getan wird". "Es gibt Übungen an unseren Flugzeugen, es wäre nicht schlecht, wenn die Piloten mit einbezogen würden", so der Fachmann. Umgekehrt sollten Beamte von Polizei und Bundesgrenzschutz auch an den entsprechenden Schulungseinheiten bei de Luftverkehrsgesellschaften teilnehmen. Regelmäßige Zusammenkünfte von größeren Pilotengruppen mit den Strategieplanern der Sicherheitsbehörden, aber auch den Angehörigen der in forderster Front tätigen Spezialeinheiten, wären wünschenswert.

"In den USA, aber auch in Großbritannien ist man da weiter", sagt der VC-Sprecher. Dort bestehe eine völlig andere Philosophie. Das werde bereits bei der Behandlung randalierender Passagiere deutlich, gegen die in diesen Ländern strikt vorgegangen werde. In Deutschland dagegen würden sowohl Gesetzgeber als auch Airlines bisher sehr lasch mit dem Problem umgehen. Bei der Verhinderung von Flugzeugentführungen sind die Sicherheitskontrollen am Boden "das Schlüsselelement", betont Fongern. Leider klaffen hier aus Pilotensicht noch immer Lücken. Wichtig sei eine ausreichende Schulung und Ausstattung des Personals. Schlechte Bezahlung und frustierende Arbeitsbedingungen würden oft nicht zur Motivation der Sicherheitskräfte beitragen.

Rainer W. During

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