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Vogelgrippe: Bundesregierung für Freilaufverbote von Geflügel

Zur Abwehr der herannahenden Vogelgrippe sollen die Bundesländer rasch Risikogebiete einer möglichen Virenübertragung durch Zugvögel bestimmen.

Berlin/Brüssel - Der Kontakt infizierter Zugvögel mit Geflügel solle dort durch Freilaufverbote verhindert werden, sagte der Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Alexander Müller, am Freitagabend in Berlin. Über eine entsprechende Verordnung der Europäischen Union mit einheitlichen Kriterien habe die Bundesregierung die Länder umgehend informiert. Ein allgemeines Freilaufverbot sei nicht vorgesehen. In Rumänien gibt es unterdessen einen zweiten Vogelgrippe-Herd. Wie im ersten Fall war auch im nun betroffenen Donaudelta-Ort Maliuc am Freitag jedoch noch unklar, ob es sich um den hochgefährlichen Subtyp H5N1 handelt.

Die Europäische Union erwartete Testergebnisse des ersten Ausbruchs in Rumänien für Samstag. Die EU-Kommission will den 25 Mitgliedsländern beim Bemühen, Zuchtgeflügel nicht mit Zugvögeln in Berührung kommen zu lassen, relativ viel Entscheidungsspielraum einräumen. Zwar werde es gemeinsame Kriterien für die Definition von «Gefahrengebieten» geben, in denen Maßnahmen zur Verhinderung einer Virus-Übertragung ergriffen werden müssten, sagte ein EU- Kommissionssprecher. Die einzelnen Regierungen müssten jedoch selbst entscheiden, welche Rastgebiete der Zugvögel unter diese Kriterien fielen.

Diese Entscheidung will die Bundesregierung den Ländern überlassen. Alle, die solche Verbote fordern, könnten jetzt in ihren Bundesländern handeln, «ja, sie haben die Pflicht zu Handeln», sagte Staatssekretär Müller. Einige Bundesländer haben bereits Freilaufverbote erlassen. Die von der EU aufgestellten Bewertungsmaßstäbe bezögen die Flugrouten von Zugvögeln, das Vorkommen von Gewässern und die Art und Dichte der Geflügelhaltung ein, sagte Müller. Außerdem sollten in Risikogebieten Gänse und Enten einerseits sowie Hühner andererseits möglichst getrennt gehalten werden.

Je nach Lage sei es auch ausreichend, beispielsweise freilaufendes Geflügel durch Netze vor einfliegenden Zugvögeln zu schützen, hieß es von der EU. In anderen Fällen genüge es wohl, die Fütterung in geschlossene Räume zu verlegen. Die EU-Kommission hat bereits ein Importverbot für Geflügel und Geflügelprodukte aus Rumänien und der Türkei erlassen. Frankreich will 600 Millionen Schutzmasken kaufen, um der Seuchengefahr durch Krankheiten wie der Vogelgrippe zu begegnen.

In Berlin will der Agrarausschuss des Bundestags am Montag in einer Sondersitzung über den Schutz vor der Vogelgrippe diskutieren. Der nationale Krisenstab von Bund und Ländern hatte sich am Mittwoch auf bessere Kontrollen an Flughäfen, an den Autobahnen und an den Grenzen verständigt. Kiloweise waren illegale Fleischeinfuhren festgestellt worden. An einigen Flughäfen Deutschlands wurden am Freitag die Einfuhrkontrollen deutlich verschärft.

Wegen der in Rumänien erneut aufgetretenen Vogelgrippe wurde das Dorf Maliuc und ein drei Kilometer großes Gebiet völlig von der Außenwelt abgeschottet, wie das rumänische Landwirtschaftsministerium mitteilte. Das gesamte Geflügel soll notgeschlachtet werden. In Proben von einem dort verendeten Huhn und einem Schwan habe ein Labor in Bukarest das Grippevirus H5 isoliert. In Rumänien war bereits vor einigen Tagen im Dorf Ceamurlia de Jos im Süden des Donaudeltas ein H5-Virus entdeckt worden.

Türkische Behörden gaben für das Dorf Kiziksa im asiatischen Teil des Landes Entwarnung. Der Geflügelbestand von rund 8500 Tieren sei vernichtet worden, nachdem dort das auch für den Menschen gefährliche Virus H5N1 nachgewiesen worden war.

In Asien sieht die WHO den Kampf gegen die Vogelgrippe weitgehend verloren. «Alle Versuche, sie in Südostasien auszumerzen und unter Kontrolle zu bringen, sind fehlgeschlagen», sagte der WHO-Direktor für die Region West-Pazifik, Shigeru Omi, in der philippinischen Hauptstadt Manila. «Ihre Ausbreitung ist nun gewaltig und reicht von Südostasien bis hin an die Türschwelle Europas.»

Unterdessen wurde bekannt, dass ein Stamm des Vogelgrippe-Virus H5N1 bereits resistent gegen das Grippemittel Tamiflu ist. Der Stamm sei bei einem vietnamesischen Mädchen isoliert worden, berichtet ein Team um Yoshihiro Kawaoka von der Universität Tokio im britischen Fachmagazin «Nature».

Einen (fiktiven) Ausblick auf einen möglichen Vogelgrippe-Ausbruch in Europa könnte der zweiteilige französische Thriller «Virus im Paradies» aus dem Jahr 2003 geben. Er wird erstmals vom WDR-Fernsehen an diesem Dienstag (22.10 Uhr) und Freitag (22.00 Uhr) ausgestrahlt. (tso/dpa)

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