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Panorama: Vom Reifen bis zur Fluglizenz

Ein europäisches Kontrollprogramm soll Sicherheitsstandards der Maschinen gewährleisten

Berlin - Innerhalb von fünf Tagen sind bei den Flugzeugabstürzen in Griechenland und Venezuela fast 300 Menschen gestorben. Dennoch gilt das Flugzeug als ungefährlichstes Verkehrsmittel. Im vergangenen Jahr kam ein Absturz auf jeweils 1,28 Millionen Flüge. Von etwa 1,8 Milliarden Luftreisenden starben dabei 428 Menschen. Ebenso viele waren es 1945, als weltweit nur neun Millionen Fluggäste befördert wurden. Denn inzwischen gibt es vielseitige Kontrollen, um den hohen Sicherheitsstandard zu halten.

Die Flugzeuge werden nach strikten Vorgaben in den Werften der Airlines oder durch von ihnen beauftragte Betriebe gewartet. Diese werden von den nationalen Behörden lizenziert und überwacht, in Deutschland vom Luftfahrtbundesamt. Doch spätestens nach dem Absturz eines mangelhaft gewarteten Jets der türkischen Birgenair mit deutschen Touristen in der Karibik im Jahr 1996 stand fest, dass die erforderlichen Standards nicht überall gegeben sind. Deutschland initiierte damals mit anderen Ländern ein internationales Kontrollprogramm. 31 Staaten der europäischen Zivilluftfahrtkonferenz (ECAC) beteiligen sich inzwischen daran. Dabei werden bei so genannten Ramp-Checks ausländische Crews und Maschinen in 54 Punkten – vom Zustand der Reifen bis zum Versicherungsnachweis – überprüft.

Leichte Mängel müssen bis zum nächsten Einflug, schwerere vor dem Start behoben werden. Erhebliche Mängel führen zum Startverbot. Über eine Datenbank erfahren die anderen ECAC-Staaten die Prüfergebnisse. Landet ein in Deutschland beanstandeter Jet dann in Frankreich, können die Inspekteure dort so kontrollieren, ob die geforderte Reparatur ausgeführt wurde. Im vergangenen Jahr gab es in Europa 4568 Ramp-Checks bei Flugzeugen von 701 Luftverkehrsgesellschaften aus 131 Ländern. Dabei wurden in 1075 Fällen erhebliche Mängel festgestellt. Dazu zählt zwar auch die fehlende Lizenz, selbst wenn sie der Pilot nur im Hotel vergessen hat. Aber es gab auch 24 Leckagen von Tanks oder Leitungen, 57 Mängel an Reifen und Bremsen, 19 Beanstandungen der Sauerstoffnotversorgung sowie 70 blockierte Notausgänge. Die höchsten Mängelquoten pro Check hatten Maschinen aus Afrika. Über die Offenlegung der Mängellisten debattieren wegen datenschutzrechtlicher Bedenken gegenwärtig die europäischen Politiker. Nur das britische Verkehrsministerium veröffentlicht die Namen dort gesperrter Airlines. Für Air Mauretanie und die thailändische Phuket Air sind britische Flughäfen wegen sicherheitstechnischer Bedenken tabu, für die kirgisische Phoenix Aviation wegen ungeklärten Geschäftssitzes.

EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot will jetzt mit Blick auf die Abstürze in Griechenland und Venezuela der Europäischen Behörde für Flugsicherheit in Köln zusätzliche Aufgaben einräumen. Ihre Zuständigkeit soll auf den Flugverkehr, die Ausbildung des Bordpersonals und die Sicherheit von Fluggesellschaften aus Drittstaaten ausgeweitet werden.

Rainer W. During

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