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Gutes Marketing. Carla Bruni hat ihr viertes Album aufgenommen.

© dpa

Von Pinguinen und Piraten: Carla Brunis neue CD gibt Raum für Spekulationen

Ist François Hollande der Pinguin? Und Nicolas Sarkozy der Pirat? Die Texte der neuen CD von Expräsidenten-Gattin Carla Bruni sind voller Anspielungen. Schließlich weiß der PR-Profi, wie man CDs verkauft.

Wer wär’ schon gern ein Pinguin? Tollpatschig, watschelnd, hat Flügel und kann doch nicht fliegen, gut angezogen, aber doch nicht elegant. Auch der Pinguin mag seine Liebhaber haben, die meisten jedoch möchten sich ungern mit dem Tier verglichen wissen. Ob das auch François Hollande so sieht, ist nicht bekannt. Und ob Carla Bruni den französischen Staatspräsidenten wirklich gemeint hat in ihrem Lied „Le pingouin“ ebenso wenig. Eine schöne Geschichte ist es allemal.

Und für die ist Carla Bruni bekanntlich immer gut. Gut zehn Monate, nachdem der demokratische Wille ihren Mann Nicolas Sarkozy aus dem Amt des französischen Staatspräsidenten schubste, hat seine Frau eine neue CD herausgebracht: „Little French Songs“ – Kleine Französische Lieder. So unschuldig wie der Titel es vermuten lässt, ist jedoch allenfalls die Musik.

Er ist weder hässlich noch schön, der Pinguin / Weder hoch noch tief / Weder heiß noch kalt / Weder ja noch nein. War es nicht genau das, was François Hollande im Wahlkampf nachgesagt wurde? Er nimmt sich seine Herrschermine heraus, singt Bruni. Aber ich kenne ihn, den Pinguin / Er hat nicht die Manieren eines Schlossherrn. Und: Du machst mir keine Angst / Du machst mir gar nichts / Du bist entlarvt, Pinguin. Man könnte sagen: Das passt ganz gut zur derzeitigen Stimmung in Frankreich, zu den Umfragewerten des französischen Präsidenten Hollande, die so schlecht sind wie nie zuvor.

Man könnte aber auch sagen: Das ist alles sehr gut berechnet. Denn Carla Bruni ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass es diese kleinen Geschichten sind, die ihr viertes Album verkaufen werden. Ganz Frankreich fragt sich: Ist Hollande der Pinguin?

Natürlich streitet die ehemalige Première Dame das brav ab. Alles ganz unpolitisch, es geht doch nur um nervige Menschen im Allgemeinen und niemanden im Besonderen! Das lässt sich schwerlich glauben nach fünf Jahren im Elysée-Palast, in denen sich die Eheleute Sarkozy- Bruni inszeniert haben wie kein anderes französisches Präsidentenpaar zuvor. Der Glamour, das „Bling Bling“ des ehemaligen Models im Elysée-Palast, das Außenstehende faszinierte, die um Diskretion bemühten Franzosen aber eher befremdete.

Bruni wirkte in dieser Welt immer eher fremd. Zwar schien sie die Annehmlichkeiten zu genießen – das enge Protokoll der Präsidentschaft aber ließ ihr scheinbar zu wenig Freiraum. Sie ist keine, der die Rolle als Frau hinter dem Manne gut steht, keine, die ihre Arbeit ohne Wehmut aufgibt. So klingt das Lied „Pas une dame“ wie eine Befreiungshymne. Ich bin eine Göre, singt die 45-Jährige. Man nennt mich nicht Madame / Wenn ich 100 bin, lebe ich ohne Programm / Ich tanze bis in den Morgen.

Es steht Carla Bruni frei, das nun wieder zu tun. Sie muss nicht mehr Präsidentengattin spielen, sie darf wieder sich selbst spielen. Und alles auf dieser CD ist so, als wäre nichts gewesen: leichtfüßig, sparsam, très français. Die unaufdringlichen, fast minimalistischen Arrangements klingen noch wie 2002 auf ihrem vielbeachteten Debütalbum „Quelqu’un m’a dit“. Singer-Songwriter-Musik mit Schwerpunkt auf der Gitarre und Brunis Stimme, die etwas weniger dünn und luftig klingt. Vor allem, wenn sie Italienisch singt wie in „Dolce Francia“ – zweifellos eine Hommage an Charles Trenets berühmtes Chanson „Douce France“. Nachts soll sie ihren Gesangspart aufgenommen haben, ganz allein. Wieder so eine Geschichte.

Das ist alles sehr hübsch, wenn die Musik auch weniger interessant ist als beispielsweise in den Nouvelles Chansons Benjamin Biolays. Brunis Lieder bleiben im klassischen Drei-Minuten-Schema hängen, das tut nicht weh, ist aber auf Dauer wenig variabel.

Reibung erzeugen eher ihre Texte. Wie könnte Carla Bruni vermeintlich über François Hollande singen, ohne ihren Mann zu erwähnen? Und so kann, wer will, eine krachende Liebeserklärung in „Mon Raymond“ hineininterpretieren, jenen Chanson, mit dem Bruni der Echo-Verleihung vorige Woche in Berlin wenigstens ein Highlight bescherte. Es war einer ihrer ersten Auftritte, seit ihr Nicolas nicht mehr Monsieur le Président genannt wird. Er zögert nicht, den Rubikon zu überqueren, singt sie. Mein Raymond ist der Hammer / Er ist eine Atombombe / Mon Raymond ist der Chef / Und selbst wenn er eine Krawatte trägt, ist er ein Pirat.

Alles nur Wahlkampf!, wettern die linken Franzosen – die ihre geliebten Bruni- CDs wütend in den Müll warfen, als die Liaison mit dem rechten Präsidenten 2007 bekannt wurde – und vermuten in „Mon Raymond“ gar eine frühe Vorbereitung der Rückkehr Sarkozys in Amt und Würden. Selbst, wenn Carla Bruni nicht über Politik singt, werden ihre Lieder stets politisch sein – weil andere sie so interpretieren.

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