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Panorama: Vor ihr die Freiheit

Julia Bohl darf Singapur verlassen

Singapur Ihr Schicksal hat im Frühjahr 2002 Deutschland bewegt. Julia Bohl, 22 Jahre alt, wird in Singapur bei einer Drogenrazzia verhaftet, in ihrer Wohnung werden 687 Gramm Cannabis gefunden. Was deutschen Gerichten allenfalls eine Bewährungsstrafe wert wäre, hat in dem strengen asiatischen Stadtstaat drakonische Konsequenzen. Zwei Wochen lang drohte der Deutschen die Todesstrafe, dann wird sie doch noch zu nur fünf Jahren Haft verurteilt. An diesem Freitag soll Julia Bohl in Freiheit kommen – zwei Jahre früher, wegen guter Führung.

Wer mehr als 500 Gramm Marihuana bei sich hat, gilt auf der Tropeninsel am Äquator als Dealer, für den es laut Gesetz nur den Tod durch den Galgen geben kann. Als Rettung erwies sich eine Laboranalyse, die einen Gehalt von nur 281 Gramm reinen Rauschgifts ergab. Da Bohl aber das Narkotikum Ketamin genommen, in ihrer Wohnung Drogenhandel zugelassen und den Marihuana-Mix besessen hatte, war Strafe unausweichlich. Dass sie relativ mild ausfiel, ist auch Bohls Verteidiger Subhas Anandan zu verdanken, der in Singapur als Staranwalt in Strafrechtsfragen gilt. Für ein Schuldbekenntnis Bohls und die Aussage gegen einen Mitangeklagten ließ die Anklage mit sich reden. 60 Monate Haft lautete das Urteil, nun wurde der inzwischen 25-Jährigen ein Drittel davon erlassen. Es hätte auch anders kommen können: Der Mitangeklagte wurde zu 21 Jahren Haft und 20 schmerzhaften Stockschlägen verurteilt.

„Ich glaube, sie war eine gute Gefangene“, berichtet ihr Verteidiger. Bohl begann ein Fernstudium der Wirtschaftswissenschaften: „Wenn jemand im Gefängnis studiert, wird einem viel Zeit dazu gegeben.“ Den Abschluss wird sie in Freiheit ablegen. Das beste Zeugnis stellt Subhas ihr aus. „Sie ist sehr viel reifer geworden. Ich denke, ihr ist klar geworden, dass der Ärger, in den sie reingerutscht ist, vor allem in ihrem Freundeskreis begründet lag. Sie hatte das falsche Umfeld zur falschen Zeit.“ Ein enges Verhältnis haben Julia Bohl und ihr Verteidiger über die Jahre zueinander entwickelt: „Das ist kein Anwalt-Mandaten-Verhältnis mehr. Wir sind gute Freunde“, sagt Subhas. Sie hat ihn zur Fußball-WM nach Deutschland eingeladen. Er meint, sie habe ihr Leben jetzt noch vor sich. Ihre Eltern wollen sie in Singapur abholen. dpa

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