zum Hauptinhalt

Panorama: Vorgelesen: Hellmuth Karasek über Thomas Hürlimanns Novelle "Fräulein Stark"

Wir wissen inzwischen, durch Bekenntnisse und Interventionen vorkommender Hauptpersonen, dass die Novelle Fräulein Stark von Thomas Hürlimann stark autobiografisch gefärbt und bestimmt ist: Aber das Porträt eines Pubertierenden in den Sechziger Jahren, der, bevor er auf die strenge Klosterschule St. Gallen kommt, in der berühmten Stiftsbibliothek den touristischen Besuchern Filzpantoffeln über die Füsse streifen darf (zwecks Schonung des altehrwürdigen Parketts), wäre auch ohne die autobiografische Authentizität ein schönes und schön erzähltes Exempel über die Verwirrungen und erotischen Irrungen eines Jungen - in der strengen Zucht, in der er aufwächst, erliegt er mit seiner schnuppernden, den Duft der Frauen witternden Nase zu Füssen der Bibliothekstouristinnen erstmals dem Sog des Weiblichen, indem er dessen Gerüche aufnimmt und einen heimlichen Blick unter die Röcke riskiert.

Wir wissen inzwischen, durch Bekenntnisse und Interventionen vorkommender Hauptpersonen, dass die Novelle Fräulein Stark von Thomas Hürlimann stark autobiografisch gefärbt und bestimmt ist: Aber das Porträt eines Pubertierenden in den Sechziger Jahren, der, bevor er auf die strenge Klosterschule St. Gallen kommt, in der berühmten Stiftsbibliothek den touristischen Besuchern Filzpantoffeln über die Füsse streifen darf (zwecks Schonung des altehrwürdigen Parketts), wäre auch ohne die autobiografische Authentizität ein schönes und schön erzähltes Exempel über die Verwirrungen und erotischen Irrungen eines Jungen - in der strengen Zucht, in der er aufwächst, erliegt er mit seiner schnuppernden, den Duft der Frauen witternden Nase zu Füssen der Bibliothekstouristinnen erstmals dem Sog des Weiblichen, indem er dessen Gerüche aufnimmt und einen heimlichen Blick unter die Röcke riskiert.

Dass er in den heiligen Bücherhallen gleichzeitig die Macht des geschriebenen Wortes erfährt, unter der geistig strengen Hand seines barocken Prälatenoheims aufwächst und die bigott aufgeklärte Hand der Appenzeller Haushälterin verspürt - das zeigt, wie Zucht die Lust auf Unzucht anstachelt und weckt und wie man sich seine Vergnügungen als Heranwachsender im Verbotenen und Verborgenen erhascht. Strenge und solide Schweiz, wo sich die Menschen der Berge durch Inzucht und Appenzell-Teilung zu vermehren scheinen.

Zur Startseite