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© dpa

Waldbrände: Italien: Geschäft mit dem Feuer

Italien erlebt die schlimmsten Busch- und Waldbrände seit Jahrzehnten. Viele Brände sind offenbar absichtlich gelegt. Mit Auftragsarbeiten bessern sich Rentner dabei sogar ihre Pension auf.

Es sind Szenen wie aus einem Katastrophenfilm, die sich in diesen Tagen in Italien abspielen. In vielen Gebieten des Landes brennt es. Vor allem im Süden wüten gigantische Feuer, die Dutzende Meter hoch in den fahlblauen Himmel schlagen. Und die Menschen sind auf der Flucht - manchen blieb nur das offene Meer als letzte Rettung, nachdem ein Strand bei Peschici in Apulien in Flammen aufgegangen war. "Frauen, Kinder, alle haben sich ins Wasser gestürzt und sind einen Kilometer weit ins Meer gelaufen. Es war wie der Auszug aus Ägypten", erklärte ein verängstigter Augenzeuge. Wochenlange Trockenheit und heiße Schirokko-Winde aus Afrika machen es den Brandherden leicht, sich innerhalb von Minuten in gigantische Feuerwände zu verwandeln.

Unglaublich: Hinter dem Inferno stecken zumeist Brandstifter. "60 Prozent der Feuer werden absichtlich gelegt", rechnete der Zivilschutz vor. Der Großteil (29 Prozent) seien Pyromanen, "die daraus eine echte sexuelle Erregung schöpfen", erklärt der Kriminologe Francesco Bruno. Jedoch gibt es auch andere Gründe für die Brandlegungen: Viele Italiener wollen durch das Abfackeln von Waldgebieten die Felder für ihre Herden erweitern, andere brauchen Platz für illegale Bauprojekte und noch andere sind Feuerwehrleute, die sich ihren Job sichern wollen. Viele Brände sind Auftragsarbeiten: Die sommerlichen Feuer in Italien sind ein großes Geschäft.

"Feuer zu legen ist für mich ein Zeitvertreib"

Fünf Brandstifter wurden in den vergangenen Tagen bereits festgenommen - jedoch müssen sie auf frischer Tat ertappt werden, weil die Polizei sonst laut Gesetz nicht zugreifen darf. Die meisten Brandleger sind laut jüngsten Statistiken Rentner zwischen 61 und 70 Jahren, die sich dank dieser Aufträge ihre Pension aufbessern wollen. Einer der Inhaftierten - ein 63-jähriger Arbeiter - meinte zu seiner Tat: "Feuer zu legen ist für mich ein Zeitvertreib."

Insgesamt 300 Feuer wurden im ganzen Land gezählt, besonders schlimm traf es neben Apulien auch die Regionen Kalabrien und Kampanien. Auch vor der weltberühmten Amalfiküste mit ihren zerklüfteten Felswänden machte die Feuersbrunst nicht halt. Zeitweise war hier in den Ortschaften Amalfi, Maiori und Ravello die Stromversorgung unterbrochen; die besonders bei Touristen beliebte Staatsstraße 163, die herrliche Aussichten auf das Mittelmeer bietet, wurde stundenlang gesperrt.

"Feuer, Angst und Tod in den Ferien"

Italiener wie Urlauber werden von der fortschreitenden Glut bedroht. "Feuer, Angst und Tod in den Ferien", titelte die Zeitung "Il Messaggero". Allein am Gargano in Apulien, der auch viele Deutsche anlockt, wurden 4000 Menschen von Campingplätzen und Hotelanlagen in Sicherheit gebracht. Zahlreiche Campinganlagen gingen in Flammen auf, Zelte und Autos brannten lichterloh. "Wir sind nur wie durch ein Wunder noch am Leben", erklärte ein Tourist. Viele waren von den Flammen förmlich umzingelt, andere waren gerade Baden, als das Feuer kam.

Mehr als 300 Menschen mussten sich in der Gegend mit Rauchvergiftungen behandeln lassen, für zwei Senioren kam jede Hilfe zu spät: Sie verbrannten in ihrem Auto. Auch ein Friedhof in Peschici fiel den Flammen zum Opfer, mehrere Gasleitungen explodierten.

Die Einsatzkräfte waren mit hunderten Löschflugzeugen im Einsatz. Selbst die spanische Regierung schickte mehrere Canadair-Maschinen zur Verstärkung, um auf der Insel Sardinien die Brände zu bekämpfen. "Es ist eine Tragödie", sagte Bertolaso. "Wir befinden uns im Krieg mit Kriminellen, die die Hitze dieser Tage ausnutzen, um überall in Italien Feuer zu entzünden." Mit Blick auf die unermüdliche Arbeit von Feuerwehr und Einsatzkräften fügte er hinzu: "Aber wer unserem Land schaden will, der wird verlieren."

Carola Frentzen[dpa]

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