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Panorama: Wege aus dem Stau: Istanbuler Krankenwagenfahrer bieten illegal Taxidienste an

Der Gedanke ist jedem Istanbuler Autofahrer schon einmal durch den Kopf geschossen, wenn er wieder mal hoffnungslos in einem der Dauerstaus der türkischen Metropole festsitzt und einen Rettungswagen sieht, der sich eine Schneise durch die stehenden Autokolonnen bahnt: Mit Sirene und Blaulicht käme man leicht aus dem Stau heraus. Kriminelle Betreiber von Rettungsdiensten in der Millionenstadt beließen es nicht bei Tagträumen - sie boten ihren Kunden blitzschnelle Fahrten zum gewünschten Zielort trotz chronisch verstopfter Straßen an.

Der Gedanke ist jedem Istanbuler Autofahrer schon einmal durch den Kopf geschossen, wenn er wieder mal hoffnungslos in einem der Dauerstaus der türkischen Metropole festsitzt und einen Rettungswagen sieht, der sich eine Schneise durch die stehenden Autokolonnen bahnt: Mit Sirene und Blaulicht käme man leicht aus dem Stau heraus. Kriminelle Betreiber von Rettungsdiensten in der Millionenstadt beließen es nicht bei Tagträumen - sie boten ihren Kunden blitzschnelle Fahrten zum gewünschten Zielort trotz chronisch verstopfter Straßen an. Krank musste man für diesen Sonderservice nicht sein, nur zahlungskräftig.

Kürzlich flog der Betrug auf, und die Istanbuler Polizei befürchtet, dass erboste Autofahrer künftig keinen Rettungswagen mehr durchlassen. Umgerechnet rund 100 Mark musste ein Kunde der Blaulicht-Raser für eine Fahrt von der Istanbuler Innenstadt zum Flughafen am Stadtrand hinblättern; dieselbe Strecke kostet in einem Taxi rund die Hälfte, dauert aber meist viel länger und ist viel unbequemer. Ein Reporter der Istanbuler Zeitung "Milliyet", der sich bei einem der Rettungsdienste als termingeplagter Geschäftsmann ausgab, raste in einer Ambulanz mit Blaulicht und Sirene in nur 15 Minuten vom Taksim-Platz im Stadtzentrum zur Abflughalle der Flughafens; sogar zum Zigaretten-Kaufen an einer Tankstelle war noch Zeit. Dieselbe Fahrt kostet die Istanbuler in einem normalen Auto mitunter eine ganze Stunde.

Der Grund für die Verkehrsprobleme und damit auch für die von den Rettungsdiensten erspähte "Marktlücke" liegt im ungeheuer schnellen Wachstum Istanbuls. In der Stadt, die Anfang der achtziger Jahre noch keine drei Millionen Einwohner hatte, leben inzwischen rund zwölf Millionen Menschen - bei einer Gesamteinwohnerzahl der Türkei von rund 60 Millionen Menschen bedeutet das, dass jeder fünfte Türke in Istanbul wohnt. Die Verkehrs-Infrastruktur konnte mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten. Zwar gibt es zwei Autobahnringe mit jeweils einer Brücke über den Bosporus. Dennoch gibt es besonders in den Morgenstunden und am Nachmittag kilometerlange Staus, denen die Autofahrer zu entgehen versuchen, so gut sie eben können. Viele können nicht und bleiben frustriert stecken: Das über Mundpropaganda verbreitete illegale Angebot der Blaulicht-Korsare fiel also auf fruchtbaren Boden. Die Zweckentfremdung der Rettungswagen war für eine ganze Reihe von Firmen ein gutes Geschäft.

Nun machen sich die Behörden Sorgen um die Reaktion der staugeplagten Autofahrer in Istanbul auf die Machenschaften der kriminellen Rettungsdienst-Betreiber. Der stellvertretende Polizeichef der Stadt, Yasar Agdere, appellierte eindringlich an die Bürger, auch nach dem entdeckten Schwindel nicht auf stur zu schalten und wie bisher im Stau für Rettungsfahrzeuge eine Gasse zu bilden. Schließlich geht es in den meisten Fällen nicht um einen Manager, der lediglich sein Flugzeug erreichen will, sondern um Leben und Tod.

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