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Schnee

© dpa

Weihnachtswetter: Ach menno, früher gab's noch Schnee!

Schnee und Weihnachten – das kann man nicht trennen. Das weiß nun wirklich jedes Kind. Ulrike Thiele fragt sich deshalb, was eigentlich mit Weihnachten heutzutage los ist. Denn der Schnee lässt sich seit Jahren nicht blicken – jedenfalls nicht in Norddeutschland, wo sie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht hat. Kein Wunder, dass es da mit der weihnachtlichen Stimmung nicht so richtig klappen will.

Eigentlich sind "früher gab's noch..."-Sätze so unnötig wie Werbe-Sms'en vom Mobilfunkbetreiber. Wer so etwas sagt, der lebt nicht im Hier und Jetzt, sondern dessen melancholischer Blick geht zurück in die Vergangenheit, um sich dort die Schokostreusel aus dem Pudding zu picken. Denn natürlich war die Vergangenheit ja meist nicht besser als heute, auch wenn es uns so vorkommen mag, dass immer mehr immer schlimmer wird. Nein, die Vergangenheit war genauso beschissen wie die Gegenwart oder sagen wir es mit den weniger drastischen Worten Karl Valentins: "Heute ist die gute, alte Zeit von morgen".

Aber es gibt für mich einen Satz, bei dem ich mit dieser rationellen Art der Betrachtung regelmäßig scheitere: "Früher gab's noch Schnee!" Diese Aussage erfüllt mich tatsächlich ernsthaft mit Wehmut und lässt mich leicht weinerlich wirken. Das Ganze beruht auf einem Traum, den ich gar nicht mehr zu träumen wage: den Traum von einer weißen Weihnacht.

Ich habe, soweit ich mich erinnern kann, im Laufe meines Lebens erst ungefähr drei verschneite Weihnachtsfeste erlebt. Einmal war es richtig weiß - zentimeterdick ragte das kalte Weiß in die Landschaft hinein. Es war der Himmel auf Erden, oder so was Ähnliches. Die anderen beiden Male waren nur ein paar Schneeflocken lieblos auf die Straßen und Wege gepudert und wurden schnell von einem bräunlichen Matsch ersetzt. Die restlichen Jahre: Ebbe. Kein Schnee. Nirgends.

Das Fest ist versaut

Seit Jahren schon überbringt nun irgendeine Wetter-Ansagerin mir mit mitleidigem Blick die schlechte Nachricht: Nein, auch diese Weihnachten leider kein Schnee. Zumindest nicht in Norddeutschland, also den Breitengraden, in denen ich mich die meiste Zeit aufgehalten habe. Sie meint es vielleicht nicht so, aber sie sollte sich bewusst sein, wie sehr sie mir und etlichen anderen Leuten damit das Fest versaut.

Und auch die Klimaforscher: Jedes Jahr rückt irgendeiner mit einem neuen schlauen Bericht heraus, in dem er beschreibt, wie die Polkappen und die Gletscher schmelzen und sich der Schnee in uns unbekannte Gefilde zurückzieht. Schnee zu Weihnachten? Fehlanzeige! Seien Sie froh, wenn Sie überhaupt nochmal irgendwann ein Fitzelchen erblickt.

Dabei weiß doch nun wirklich jedes Kind, dass Weihnachten und Schnee zusammengehören wie das Bienchen und das Blümchen, wie Nemo und die Seeanemone - kurz, dass sie eine Symbiose bilden. Nicht ohne Grund sind auf diesen Weihnachtskalendern immer so weißbedeckte Häuser und Bäume aufgemalt. Schauen Sie sich die Schaufensterdekorationen an oder die Märchen: Ist da irgendwann mal eine Szene zu sehen, in der Väterchen Frost, Knecht Ruprecht, Santa Claus oder der Weihnachtsmann, egal wie der Kerl auch heißen mag, durch braunen Matsch, durch ein verregnetes Berlin oder durch einen kahlen Wald wandert?

Ist nicht so! Schnee muss auf Weihnachten drauf, basta. Und solange das nicht wieder regelmäßig so ist, wird man mich jammern hören und mit melancholischem Blick werde ich in die Vergangenheit schauen. Denn früher, ja früher, da gab's noch Schnee. Wann genau dieses "früher" war, ist dabei ganz und gar nebensächlich.

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