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Auch Jennifer Lawrence berichtet von Sexismus in Hollywood.

© Jordan Strauss/dpa

Weinstein-Skandal: Albträume aus der Traumfabrik

Harvey Weinstein ist kein Einzelfall, Sexismus und sexuelle Gewalt sind ein Problem der ganzen Gesellschaft. Das bestätigen immer mehr Frauen, nun auch Jennifer Lawrence.

Man kann kaum zwei Minuten vom Computer weggehen, bei der Rückkehr ist vermutlich eine weitere, fürchterliche Episode um Harvey Weinstein öffentlich geworden. Noch mehr vom Gleichen, ist man dann versucht zu denken, und es auszublenden, so wie es offenbar ganz Hollywood über Jahre tat und halb Hollywood noch immer zu versuchen scheint. Und dann, weil man sich schämt, wie stumpf man geworden sein muss, liest man es doch, man liest, wie Weinstein die Schauspielerin Lena Headey belästigt haben soll, wie er seine Macht und Dominanz ausspielte, wie wenig er mit Zurückweisung umgehen konnte, und wie tief die Kränkungen gehen, die sein Verhalten bei den Betroffenen verursachen. Und man fühlt sich schlecht. Und das muss so sein.

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Sexismus und sexuelle Gewalt sind, um das ganz deutlich zu machen, kein Problem, mit dem allein Hollywood zu kämpfen hätte. Er findet auf Rolltreppen statt, bei vermeintlich zufälligen Berührungen an Brust oder Po, an Supermarktkassen mit dummen Sprüchen, an Konferenztischen, wo alte Männer junge Frauen nicht ernst nehmen, zwischen Chefs und Chefinnen und Praktikantinnen und Praktikanten. Es ist sexistisch, wenn Männer über Bestrebungen von Frauen lachen, die genauso viel verdienen wollen wie ihre männlichen Kollegen. So wie es die dänischen Fußballerinnen gerade fordern. Und es ist sexistisch, wenn Männer Frauen erklären wollen, sie sollten sich bei Komplimenten, Handküssen und dergleichen doch bitteschön nicht so haben. War ja alles nicht so gemeint, haha, Klaps, Bussi, Scherz.

Aber in Hollywood, darin immerhin hat die Branche hundert Jahre Erfahrung, wird das Problem nun auf eine Bühne gestellt und angestrahlt. Und Harvey Weinstein ist der unfreiwillige, selbst verschuldete Hauptdarsteller, an dem nun ein strukturelles Problem diskutiert wird.

Die eigenen Nacktfotos als "Inspiration für meine Diät"

Besonders prominent hat das jetzt Jennifer Lawrence getan. Die Oscar-Preisträgerin berichtet von einem Casting, bei der sie eine Produzentin in eine Reihe mit fünf anderen, sehr viel dünneren Mädchen stellte. „Wir standen nebeneinander, nur die Geschlechtsteile mit Klebeband bedeckt“, sagte die 27-Jährige. „Die Produzentin empfahl mir, die Nacktfotos als Inspiration für meine Diät zu benutzen.“ Erst viel später habe Lawrence den Mut gefunden, sich gegen derlei Erniedrigungen zu wehren.

Die Sängerin Björk warf bereits vor einigen Tagen dem Regisseur Lars von Trier indirekt vor, sie sexuell belästigt zu haben. Von Trier habe sie wiederholt gegen ihren Willen gestreichelt und umarmt und ihr ungewollte sexuelle Anspielungen zugeraunt, oft verbunden mit eindeutigen Handbewegungen. Von Trier bestreitet die Vorwürfe und behauptet lediglich, Björk sei „schwierig“.

Andere männliche Kollegen äußern sich solidarisch mit den betroffenen Frauen, teils selbstkritisch. Der Autor Scott Rosenberg entschuldigte sich laut dem Portal „Deadline“ via Facebook. Jedem in Hollywood sei bekannt gewesen, wie Weinstein sei. „Am Ende bin ich mitschuldig. Weil ich einen Dreck gesagt, einen Dreck getan habe.“ Es tue ihm leid, weil es jeder gewusst habe. Nur unternommen hatte niemand etwas.

In Hollywood soll nun wohl aufgeräumt werden

Das soll sich nun offenbar ändern. Es scheint, als sei die Traumfabrik gewillt, diesmal kräftig aufzuräumen. Die Staatsanwaltschaft von Los Angeles ermutigt weitere mutmaßliche Opfer von Harvey Weinstein, sich bei der Polizei zu melden, damit die ermitteln könne, sagte Staatsanwalt Mike Feuer am Dienstag. Opfer hätten oft Angst um ihren Arbeitsplatz oder davor, öffentlich bloßgestellt zu werden. „Viele fragen sich: Wir mir jemand glauben und wir jemand für mich einstehen? Ich verspreche, dass wir es werden.“

Harvey Weinsteins Name werde nach Informationen des „Hollywood Reporter“ außerdem aus dem Abspann aller laufenden Produktionen der Weinstein Company gestrichen. Außerdem trat der 65-Jährige aus dem Verwaltungsrat seiner Firma zurück. Das Magazin „Deadline“ berichtet zudem, dass eine von Apple in Auftrag gegebene Biopic-Serie über Elvis Presley mit Weinstein und Priscilla Presley vorerst eingestampft wurde.

Mittlerweile trat auch der Chef der Amazon Studios, Roy Price, zurück. Auch ihm wurde vorgeworfen, eine Mitarbeiterin sexuell belästigt zu haben. Er soll ihr unter anderem 2015 in einem Taxi gesagt haben, sie werde seinen Penis lieben. Die Amazon Studios arbeiteten in der Vergangenheit eng mit Harvey Weinstein zusammen.

(mit dpa / AFP)

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