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Der Östereicher Wolfgang Rangger mit seiner "fühlenden Beinprothese" am Montag an der Universität von Linz.

© AFP

Weltneuheit lässt Phantomschmerzen verschwinden: Erste "fühlende" Beinprothese

"Es fühlt sich an, als ob ich wieder einen Fuß hätte." In Österreich ist die erste Beinprothese mit künstlichem Tastsinn präsentiert worden. Der Träger ist begeistert.

Der 54-jährige Österreicher Wolfgang Rangger ist weltweit der erste Träger einer Beinprothese mit künstlichem Tastsinn - und er ist begeistert: Es sei "wie ein zweites Leben, wie eine Wiedergeburt", schwärmte Rangger anlässlich der Präsentation der "fühlenden" Beinprothese am Montag in Wien. Die medizintechnische Innovation weckt Hoffnungen für ungezählte Prothesenträger, noch liegen die Kosten allerdings zwischen 10.000 und 30.000 Euro. Entwickelt wurde die neuartige Beinprothese von dem Wissenschaftler Hubert Egger von der Fachhochschule (FH) Oberösterreich in Linz.

Tüftler Egger hatte sich bereits 2010 durch die Anfertigung einer Arm-Prothese hervorgetan, die vom Gehirn des Patienten gesteuert werden kann. Diesmal entwickelte Egger ein Verfahren, mit dem Reize von sechs Sensoren im künstlichen Fuss zu Rezeptoren umgeleiteter Nerven am Beinstumpf geleitet werden. Rangger ist vor allem erleichtert darüber, dass nach der Operation im Oktober 2014 die quälenden Phantomschmerzen verschwunden sind, über die viele Beinamputierte klagen. Vor der Operation habe er "nur noch zwei Stunden pro Nacht geschlafen", sagte der Oberösterreicher.

Kaum noch Schmerzen dank der Prothese

"Ich konnte nur mit extrem starken Medikamenten, mit Morphin, den Tag überstehen." Nach der Operation habe er "kaum noch Schmerzen gehabt - und jetzt habe ich überhaupt keine mehr". Dem früheren Lehrer Rangger musste 2007 das rechte Bein unterhalb des Knies amputiert werden, nachdem sich infolge eines Schlaganfalls ein Blutgerinnsel gebildet hatte. Mit der "fühlenden" Beinprothese ist er glücklich. "Es fühlt sich an, als ob ich wieder einen Fuß hätte - ich rutsche nicht mehr auf Eis aus und ich kann erkennen, ob ich auf Kiesel, Beton, Gras oder Sand gehe."

Bei der Operation im vergangenen Herbst wurden Nervenenden aus dem Beinstumpf des 54-Jährigen, die ursprünglich mit dem Fuß verbunden waren, mit gesundem Gewebe aus dem Oberschenkel verknüpft. Anschließend wurde der Stumpf in den Schaft der leichtgewichtigen Prothese gesetzt, an deren Ende die Sensoren in der Fußsohle über sogenannte Stimulatoren Sinneseindrücke an den Träger übermitteln.

Phantomschmerzen bei Amputierten kämen dadurch zustande, dass dem Gehirn Informationen fehlten, erläutert der Medizintechniker Egger. "Das Gehirn weiß, da war einmal ein Bein - und das ist jetzt weg." Darauf reagiere das Gehirn irritiert, weil es Informationen suche, die nicht geliefert würden. Ein Vorteil der "fühlenden" Prothese sei, dass dem Gehirn wieder "reale Informationen" zugeleitet würden. Als er Rangger 2012 kennengelernt habe, habe dieser "niemals gelacht" und dunkle Ringe unter den Augen gehabt. Nun sei er ein "ganz anderer Mensch" geworden. (AFP)

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