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Weltraumtouristin: Im Glückstaumel

Die erste Weltraumtouristin ist auf dem Weg zur ISS. Anousheh Ansari war an Bord der Sojus TMA-9 so begeistert, dass der Flugleiter sie beim Start zur Ruhe ermahnen musste.

Berlin/Moskau - Die US-Millionärin Anousheh Ansari konnte ihr Glück kaum fassen. Je näher am Morgen auf dem Kosmodrom Baikonur (Kasachstan) ihr Start als erste Weltraumtouristin zur Internationalen Raumstation ISS rückte, desto aufgeregter wurde sie. Immerhin ging ein Kindheitstraum für die 40-Jährige in Erfüllung, die im Iran geboren wurde und Anfang der 80er Jahre in die USA emigriert war. Die Hobby-Astronautin freute sich so auf die bevorstehende zehntägige Sternenreise, dass sie es vor Begeisterung kaum in ihrem Konturensessel in der "Sojus TMA-9"-Kapsel hielt.

Sie gestikulierte und redete so heftig auf den russischen Kommandanten Michail Tjurin und ihren amerikanischen Landsmann Michael Lopez-Alegria ein, dass sie schließlich sanft zur Ruhe aufgefordert werden musste. Man dürfe den Kopf "nicht abrupt" drehen, mahnte Flugleiter Wladimir Solowjow. Das könne später in der Schwerelosigkeit "negative Folgen" haben, die einem die ersten Tage in der Raumstation vermiesten. "Und das wollen wir überhaupt nicht", fügte der Kosmosveteran hinzu, der selbst zweimal im All unterwegs war. Er wolle vielmehr, dass Ansari "die Tasse eines guten Raumfluges" bis zum "letzten Schluck" austrinken könne.

Viel Lob für Ansari

Unterdessen befindet sich das Astronautentrio auf seiner zweitägigen Aufholjagd zur ISS. Die technische Überprüfung nach dem Eintritt in die Umlaufbahn habe gezeigt, dass alle Raumschiffsysteme perfekt funktionieren, teilte das Flugleitzentrum mit. Die Besatzung habe die Überbelastung in der Startphase wunderbar vertragen und diese sehr schwierige Etappe der Expedition "ohne die geringste Aufregung" überstanden. Alle Spezialisten seien übrigens der Ansicht, dass sich Ansari "großartig" in die Mannschaft eingefügt habe.

Auch die US-Raumfahrtbehörde Nasa, die eigentlich nicht viel von Weltraumtouristen hält, meldete sich überraschend positiv zu Wort. Die professionelle Vorbereitung von Anousheh Ansari werde das "allgemeine Programm" der ISS "nicht behindern", sagte Nasa-Repräsentant Robert Dempsy. "Im Gegenteil: Wir freuen uns auf ihre Teilnahme und glauben, dass das nützlich ist."

Thomas Reiter bekommt neue Kollegen

Tjurin und Lopez-Alegria lösen als 14. Stammbesatzung die derzeitige ISS-Crew mit Pawel Winogradow (Russland) und Jeffrey Williams (USA) ab. Die beiden Männer tun seit April in der Station Dienst und werden seit Juli von dem deutschen Esa-Astronauten Thomas Reiter als zweitem Bordingenieur unterstützt. Winogradow und Williams kehren am 27. September zusammen mit Ansari zur Erde zurück, die für den Flug 20 Millionen Dollar bezahlt hat. Reiter setzt bis Dezember seine Arbeit mit Tjurin und Lopez-Alegria fort.

Für Tjurin ist es die nunmehr zweite ISS-Mission. Er hatte bereits von August bis Dezember 2001 einen Langzeitflug in der Station absolviert. Lopez-Alegria startet sogar zum dritten Mal zur ISS. Er hatte im Jahr 2000 und 2002 an Aufbauflügen teilgenommen, nachdem er bereits 1995 seine Weltraumpremiere erlebt hatte.

Begeisterte Amateur-Astronautin

Ansari ist seit ihrer Jugend raumfahrtbegeistert. Sie hat in den USA Elektrotechnik und Computerwissenschaften studiert und mit ihrem Mann und einem Schwager ein Millionenvermögen mit ihrem Telekommunikationsunternehmen gemacht. Die Amateur-Astronautin gehört auch zu den Stiftern des mit zehn Millionen Dollar dotierten Ansari-Preises für den ersten privat finanzierten Raumflug. Vor Ansari waren bereits die Amerikaner Dennis Titow und Gregory Olsen sowie der Südafrikaner Mark Shuttleworth mit einem russischen Ticket als Weltraumtouristen in der ISS.

Ursprünglich sollte "Sojus TMA-9" bereits am 14. September starten. Doch wegen der Probleme mit der US-Raumfähre "Atlantis" musste die Mission verschoben werden. Die "Atlantis" hatte am 11. September mit rund 14-tägiger Verspätung an der ISS angelegt und neue Sonnenbatterien auf die Umlaufbahn gebracht. Am Sonntag hatte die Fähre wieder von der Station abgelegt und den Heimweg angetreten. "Atlantis" soll am Mittwoch landen, während die "Sojus"-Kapsel an der ISS andockt. (Von Gerhard Kowalski, ddp)

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