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Panorama: Wer unterstützte die Todesschützen?

Zwei Tage nach dem Blutbad in der Columbine-Highschool von Littleton.Bei dem Amok-Lauf der beiden Selbstmord-Attentäter wurden 15 Menschen getötet und 22 verletzt.

Zwei Tage nach dem Blutbad in der Columbine-Highschool von Littleton.Bei dem Amok-Lauf der beiden Selbstmord-Attentäter wurden 15 Menschen getötet und 22 verletzt.30 Sprengsätze drei verschiedener Bauarten haben die beiden jugendlichen Täter gelegt: mit Nägeln gefüllte Sprengkörper, Zeitbomben und Sprengfallen - zum Teil in Schließfächern deponiert.Die mußten zunächst entschärft werden, dann konnten die Toten geborgen werden.

Über die Ursachen wird gerätselt.Was bringt zwei Jugendliche dazu, mit einem ganzen Arsenal von Waffen in ihrer Schule wild um sich zu schießen? Wie kommen Halbwüchsige an Waffen? Hat ihnen gar jemand geholfen? Fragen, die sich die Staatsanwaltschaft jetzt stellen muß.Entgegen ersten Berichten sah Staatsanwalt Dave Thomas keine Hinweise, daß die Schüler vor allem auf Angehörige von Minderheiten geschossen haben.Nur einer der Getöteten war schwarz.Klassenkameraden bezeichneten die Täter aber als "weiße Rassisten", die aus einer krausen Mischung von persönlicher Kränkung und rechtsextremem Gedankengut heraus handelten.

Die Mörder, Eric Harris (18) und Dylan Klebold (17), gehörten zu einer Clique von 10 bis 15 Jugendlichen, die im Zwist mit einer Gruppe besonders sportlicher Schüler waren.Die sogenannte "Trench Coat Mafia" gehörte der "Gothic-Bewegung" an, predigte den Weltuntergang und huldigte dabei "Kultfiguren" wie Nostradamus."Man sah sie nur total in Schwarz, mit Baskenmützen.Sie liebten den Satan und trugen manchmal auch Hakenkreuze", schilderte eine 16jährige.So sollen sie Anspielungen auf Hitlers Geburtstag am 20.April - dem Tag des Blutbads - gemacht und demonstrativ deutsch gesprochen haben.Die Behörden wollten auch nicht ausschließen, daß sie den 20.April als Tag des Weltuntergangs ansahen.Mitschülern zufolge verbrachten die Täter oft viele Stunden mit brutalen Spielen in Computernetzen.Die in den USA und in Europa verbreitete Bewegung nutzt das Internet für ihre Kommunikation.So hat das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles Einzelheiten der Web-Site von Eric Harris veröffentlicht.Darauf wurden Rohrbomben als "das einfachste und effizienteste Mittel" bezeichnet, um "eine Gruppe von Menschen" umzubringen.

Wolfgang Knöbl, Soziologe und Wissenschaftler am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der FU Berlin hält den Hintergrund für schwer einschätzbar.Für die verschiedenen tödlichen Angriffe von Schülern auf Mitschüler in den Vereinigten Staaten in den letzten drei Jahren sieht er verschiedene Gründe.Einerseits sei die Einbindung in die Gesellschaft nicht so stabil, andererseits habe die Meinungsfreiheit hohen Verfassungsrang.Sekten und obskure Versammlung hätten so leichtes Spiel.Die ausgeprägte Waffenkultur mache es Jugendlichen leicht, an gefährliche Waffen zu kommen."Da ist der Bogen zwischen Phantasie und Realität leicht zu spannen", resümiert Knöbl.

Die Waffenlobby hat indes den Ruf nach strengeren Gesetzen zur Kontrolle von Schußwaffen zurückgewiesen.Der republikanische Abgeordnete Bob Barr, prominenter Fürsprecher des Interessenverbandes "National Rifle Association", sagte, die Frage nach der Entstehung solch dämonischer Täter sei weit tiefgründiger als die Frage nach dem Zugang zu Waffen."Die Lösung für das Problem muß aus unseren Schulen kommen", fügte er hinzu.

Für Willi Paul Adams, Historiker am John-F.-Kennedy-Institut, liegt der Einfluß der Waffenlobby darin begründet, daß in den USA Waffenbesitz mit dem Freiheitsmythos verbunden ist.Die Gesetzgebung böte durchaus die Grundlage, den Waffenbesitz erheblich einzuschränken.Ganz offensichtlich fehle der politische Wille dazu."Die Waffenlobby hat 3,5 Millionen Mitglieder und ist eng mit den Republikanern verbunden", sagt der Wissenschaftler."Vermutlich wird man fordern, Metalldetektoren an den Schulen aufzustellen" - ein Kurieren an den Symptomen.

RAOUL FISCHER

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