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Panorama: Abitur mit Internetanschluss

Nach der mittleren Reife: Das Oberstufenzentrum Handel bietet als einzige Schule Berlins Wirtschaftsinformatik als Leistungskurs

So ein professioneller Ebay-Verkäufer hat es schon schwer. Da müssen Tabellen ausgewertet, Datenbanken und Abfragen erstellt und Websites gewartet werden. Kalkulationen und Kosten-Nutzen-Rechnungen zeigen schließlich, ob sich das Geschäft mit den vorderasiatischen Handtaschen lohnt oder nicht.

Wie solche „Ebayaner“ tatsächlich in der Praxis arbeiten, wie man ein Internetkaufhaus aufbaut und betreibt, dass kann man bei Thomas Lingens lernen. Er ist Lehrer am Oberstufenzentrum Handel 1 in Kreuzberg und leitet die Abteilung Wirtschaftsinformatik. Schüler können dort ab Klasse 11 zunächst einen Profilkurs Wirtschaftsinformatik besuchen. Dann wählen sie, ob ihr erster Leistungskurs Wirtschaftsinformatik oder, wie es sonst auf der Schule üblich ist, Wirtschaftswissenschaften werden soll.

Zwar orientiert sich das Fach Wirtschaftsinformatik, genau wie Wirtschaftswissenschaften, an Grundlagen von Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre. Doch anders als im normalen Fach lernen die Schüler, ihr Wissen unmittelbar in Computerabläufe umzusetzen, und lösen betriebswirtschaftliche Probleme mit Hilfe der Informatik. „Das hat nicht viel mit der Arbeit eines Programmierers zu tun“, erklärt Lingens, „es geht um das selbstständige Erarbeiten und Übertragen von Modellen. Wir vermitteln dabei vor allem den methodischen Hintergrund.“ Dazu gehört Projektmanagement und Organisation genauso wie der Umgang mit PC und Internet.

Anders als viele andere „New-Economy-Berufe“ sind Wirtschaftsinformatiker gefragt. Das zeigt vor allem die enge Zusammenarbeit mit großen Firmen wie BMW oder Daimler-Chrysler. „Wirtschaftsinformatiker haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, sagt denn auch Schulleiter Martin Stern. Meist kommen sie in Unternehmensberatungen oder Industrie unter, da sie vor allem wegen der wachsenden Märkten im Internet gebraucht werden. Aber auch der öffentliche Dienst, Banken oder Logistikunternehmer sind auf sie angewiesen.

Auffällig sei am Fach Wirtschaftsinformatik die hohe Frauenquote, erklärt Lingens weiter. „Schülerinnen zeigen meist mehr Ausdauer beim Suchen nach Lösungen, denken vielschichtiger.“

Im April werden die ersten Schüler mit Leistungskurs Wirtschaftsinformatik in die Abiturprüfungen gehen. Der Rahmenplan wurde zusammen mit Professoren der Wirtschaftsinformatik der HU und der Universität Erlangen erstellt. Übrigens ist das OSZ Handel die einzige Schule Berlins, die derzeit Wirtschaftsinformatik als Leistungskurs anbietet.

Und auch wenn man nach dem Abschluss doch nicht in die Wirtschaft einsteigen möchte, stehen einem alle Türen offen. Denn trotz der Fachausrichtung Wirtschaft erhält man am Ende die allgemeine Hochschulreife, kein „Fach-Abi“.

Das OSZ Handel 1 ist mehr ein kleines Dorf als eine Schule. Auf rund 15 000 Quadratmetern erstreckt sich das Gelände der größten Schule Berlins. Die meisten der 6500 Schüler, etwa 4500, nutzen das Zentrum als Berufsschule, vor allem im Bereich Einzel- und Großhandel. Die übrigen Schüler nutzen die Angebote Wirtschaftsfachschule, Berufsfachschule, Fachoberschule oder andere berufsvorbereitende Kurse und Weiterbildungsmaßnahmen der kieznahen Schule.

Zu erreichen ist die Schule in der Wrangelstraße 98, Tel. 611 29618. Homepage: oszhdl.be.schule.de. Anmeldungen werden ab sofort entgegengenommen.

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