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Panorama: Austauschbar

Jetzt sieht man sie wieder lächeln, die Politiker auf ihren mit Computerprogrammen aufgehübschten Fotos. An Laternen, Bäumen oder auf dem Mittelstreifen stößt man auf sie.

Jetzt sieht man sie wieder lächeln, die Politiker auf ihren mit Computerprogrammen aufgehübschten Fotos. An Laternen, Bäumen oder auf dem Mittelstreifen stößt man auf sie. Und es sind nicht nur die freundlich und vertrauenswürdig blickenden Damen und Herren, sondern vor allem die inhaltslosen, austauschbaren Slogans, die mich ärgern. So sieht also die politische Meinungsbildung in Deutschland aus: ein sinnloser Spruch nach dem anderen, nicht einlösbare Versprechen und ein breites Grinsen.

Ganz schlimm wird es, wenn die Parteien versuchen, lustig zu sein oder Ironie auf die Plakate zu bringen. Das endet bestenfalls in einem mitleidigen Lächeln.

Es gibt aber auch interessante Plakate, zum Beispiel das von Hans-Christian Ströbele (Die Grünen), das ich mir gerne länger angesehen habe. In einer detailreichen Zeichnung sieht man Herrn Ströbele als Anführer einer Menschenmenge und politische Symbole, die seine Meinung verkörpern. Hier stand es merkbar im Vordergrund, Inhalte zu vermitteln und keine flachen Sprüche zu klopfen.

Leider ist dieses Plakat eine Ausnahme. Die meisten bieten doch nur leere Aussagen wie „Wir haben die Kraft“ (CDU) oder „Arbeit muss sich wieder lohnen“ (FDP). Ich hoffe, dass sich nicht zu viele Menschen von diesen austauschbaren Sprüchen leiten lassen. Denn will man seine Stimme an eine Partei geben, die den besten Werbedesigner oder die Politiker mit dem schönsten Lächeln hat?

Dass sich die Parteien das Recht rausnehmen, die gesamte Stadt zuzukleben, finde ich unzumutbar. Das sonst verbotene Plakatieren und Zustellen öffentlicher Flächen wird hier plötzlich erlaubt. Es kommt mir vor, als gebe es von Wahlkampf zu Wahlkampf immer mehr Plakate – und das, obwohl man den Eindruck hat, die Wähler lassen sich von den Plakaten gar nicht beeindrucken.

Vor vier Jahren sah ich, wie ein Auto ins Schleudern kam und in ein auf dem Mittelstreifen stehendes riesiges Wahlplakat hineingefahren ist. Das Plakat verhinderte, dass das Auto in den Gegenverkehr geriet und rettete den Fahrer so vor einem schweren Unfall. Manchmal haben Wahlplakate also doch einen Sinn.

Simon Büscher, 16 Jahre (großes Foto)

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