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© Thilo Rückeis

Berliner Jungschauspielerin: ''Ein Mädchen küssen? Merkwürdig''

Lucie Hollmann, 15, aus Wilmersdorf ist jetzt groß im Kino zu sehen. Ähm, Lucie wer? Stellen wir die Jungschauspielerin doch einfach mal vor. Zum Interview im Café kam sie mit dem Fahrrad.

Draußen ist es kalt an diesem Nachmittag. Trotzdem kommt Lucie Hollmann gut gelaunt mit dem Fahrrad zu unserem Treffpunkt am Ludwigkirchplatz in Wilmersdorf. Sie trägt keine Jacke, sondern ein schwarzes Sweatshirt und eine graue Wollmütze auf dem Kopf. Sie wohnt gleich um die Ecke. Schnell gehen wir zum Aufwärmen ins Café und setzen uns. Lucie nimmt die Mütze ab, ihre blonden Haare trägt die 15-Jährige zurückgekämmt zu einem Zopf. Sie lächelt. Los geht’s.

Hallo Lucie, wie geht es dir?

Prima. Ich war eine Woche mit meiner Familie und Freunden in Dänemark im Urlaub. In einem kleinen gemütlichen Holzhaus am Meer, das war klasse!

Und schon bist du hier wieder mittendrin im Trubel, am Donnerstag lief dein Film „Mein Freund aus Faro“ in den Kinos an.

Genau, ich spiele die 14-jährige Jenny, die sich in den etwas älteren Miguel verliebt. Der aber tut mit seinen kurzen Haaren und den lässigen Klamotten nur so, als wäre er ein Junge: Miguels richtiger Name ist nämlich Melanie.

Und wie ist das so, als Mädchen ein Mädchen zu küssen?

Zunächst fand ich den Gedanken daran sehr merkwürdig. Zum ersten Casting hatte ich das Drehbuch ja noch gar nicht gelesen. Erst, nachdem ich eine Runde weiter war, erfuhr ich, worum es in dieser Geschichte geht. Da hatte ich dann plötzlich starke Bedenken, die Jenny zu spielen und sagte alle weiteren Castings ab.

Wie kam es dann doch noch dazu, dass du die Rolle übernommen hast?

Nach meiner Absage schrieb mir die Regisseurin Nana Neul einen Brief und bat mich, mir das Ganze noch einmal zu überlegen. Wir machten aus, dass die intimen Strandszenen zwischen Jenny und Miguel im Drehbuch abgeschwächt werden sollten und ich auch während des Drehs die Möglichkeit haben würde, diese Momente mitzugestalten. Als wir dann vorigen Sommer drehten, waren meine Beklemmungen komplett verschwunden.

Küssen Mädchen anders als Jungs?

Ach, einen Kuss im Film und einen echten kann man doch überhaupt nicht miteinander vergleichen. Der Kuss vor der Kamera ist rein künstlich, das hat nichts mit Verliebtsein und Zärtlichkeit zu tun.

Du hast also im Nachhinein nicht bereut, dem Projekt zugestimmt zu haben?

Im Gegenteil, ich bin sehr froh, dass ich mitgespielt habe. Ich habe seit 2005 drei „Wilde Hühner“-Filme gemacht. Den dritten Teil, der im nächsten Jahr in die Kinos kommt, haben wir in diesem Sommer gedreht. Mit „Mein Freund aus Faro“ habe ich das Gefühl, mich weiterentwickelt zu haben. Eigentlich verändere ich mich durch jeden neuen Film. Das Schauspielern macht mich selbstbewusster, und ich gehe mehr aus mir heraus.

Im Film ist Melanie alias Miguel aufmerksam und einfühlsam – stehst du im echten Leben auch eher auf den sensiblen Typ?

Das kommt wirklich immer ganz darauf an. Zurzeit habe ich keinen Freund. Ich kann nur sagen, dass ich nicht den einen Typ bevorzuge. Genauso wenig, wie ich nur einen Lieblingsfilm oder Lieblingsschauspieler habe.

Wie gehen denn deine Freunde mit dem Erfolg als Schauspielerin um? Gibt es neidische Blicke oder komische Bemerkungen?

Nein, überhaupt nicht. Keiner von meinen Freunden hat sich von mir abgewandt und keiner von denen, die vorher nicht mit mir befreundet waren, hat mich plötzlich besonders nett behandelt. Auf der Straße werde ich auch nur sehr selten erkannt. Eigentlich hat sich nichts verändert, auch nicht an meinem Gymnasium, dem Canisius-Kolleg.

Du gehst in die zehnte Klasse. Schaffst du das alles neben dem Schauspieljob?

Bisher war ich immer recht gut in der Schule, ich mag fast alle Fächer, besonders Sport. In meiner Freizeit klettere und jogge ich ab und zu, abends gehe ich mal Billard spielen. Da ich nur 30 Tage im Jahr drehen darf und die Texte sowieso immer erst einen Tag vorher lerne – das genügt – , versäume ich durch meine Filme auch nicht so viel Schulstoff.

Was sagt denn dein jüngerer Bruder zu seiner erfolgreichen großen Schwester? Ist er stolz oder ist ihm das Ganze eher peinlich?

(Lucie lacht) Ach, mein Bruder ist 13. Der ist ziemlich selbstständig und interessiert sich nicht übermäßig für das, was ich mache. Manchmal kommt er sogar durcheinander, welchen Film ich gerade drehe. Ob er stolz ist? Hmm, vielleicht, ganz tief drin. Aber er würde das niemals zugeben.

Du hast in den vergangenen drei Jahren insgesamt fünf Filme gedreht: Was machst du eigentlich mit dem ganzen Geld?

Die Leute denken immer, man würde wahnsinnig viel Geld verdienen beim Film. Das stimmt für Kinder und Jugendliche in Deutschland auf keinen Fall. Mein Verdienst kommt auf ein Sparkonto, davon mache ich den Führerschein, wenn ich 18 bin. Alles, was ich mir von meinem ersten Filmgeld gekauft habe, war ein iPod. Für den Kurzfilm „Mit 16 bin ich weg“ von Mark Monheim habe ich zum Beispiel gar keine Gage bekommen, das ist bei Abschlussfilmen an Filmhochschulen nicht üblich. Es war trotzdem ein tolles Projekt, das auch einen wichtigen Nachwuchspreis gewonnen hat …

…, den „First Steps Award“. In der Nacht auf den 6. November wird der Film aber erst um 0.45 Uhr gezeigt, im Bayerischen Fernsehen gezeigt. Ärgerlich, oder?

Nein, überhaupt nicht, ich freue mich, dass es der Film überhaupt ins Fernsehen geschafft hat. Ob ich ihn mir noch mal anschaue, weiß ich nicht. Ich mag es nämlich gar nicht, mich selbst beim Schauspielern zu beobachten. Ich könnte dabei auch nie sagen, ob ich gut oder schlecht bin. Ich gehe zum Schauspielunterricht, dort bekomme ich jede Menge Feedback.

Was sind denn deine Pläne für die nächste Zeit? Stehen neue Filmprojekte an?

Nächstes Jahr mache ich erst mal meinen Mittleren Schulabschluss, danach geht der Weg dann in Richtung Abitur. Einen besonderen Plan habe ich für das kommende Jahr: Ich möchte gern an einem Schüleraustausch teilnehmen.

Und wo soll’s hingehen?

Nach Costa Rica.

Costa Rica?!

Nach Neuseeland fahren ja alle! (lacht) Das Exotische reizt mich total, und ich kann kein Wort Spanisch, die Sprache möchte ich gern lernen. Außerdem muss das Land super sein: Im Osten die Karibik, im Westen der Pazifik, dazu Urwälder und jede Menge Vulkane – toll!

Das Gespräch führte Eva Kalwa.

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