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Panorama: Deutschkurs statt Freibad

In diesem Jahr gibt es erstmals Sommercamps, in denen Migrantenkinder Sprachunterricht erhalten

Viele fahren in Urlaub, andere verbringen die heißen Tage in den Freibädern, wiederum andere – pauken. Schon seit Jahren gibt es Sommercamps für Jugendliche, die sich verbessern wollen. Dieses Jahr bietet die Bildungsverwaltung diese Möglichkeit nun erstmals gezielt für Kinder aus Einwandererfamilien an, die Deutsch lernen wollen. Drei Varianten stehen wissbegierigen Migrantenkindern offen: Mehrtägige Sprachkurse im Kulturzentrum Gelbe Villa in Kreuzberg und Jugendreisen ins hessische Grebenheim in der Nähe von Fulda sowie ins Fichtelgebirge in Oberwarmen Steinach in Bayern. Teilnehmen werden an den Camps jeweils 20 Schüler, die bereits den Förderunterricht der Essener Mercator-Stiftung besuchen. Die Schüler der siebten bis zehnten Klasse kommen von zwölf Berliner Schulen, darunter Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien.

In den knapp zweiwöchigen Sommercamps steht vormittags Sprachförderung auf dem Programm, nachmittags Streetdance und Kunstkurse, Theaterprojekte oder naturwissenschaftliche Experimente. Deutsch üben die Schüler nach dem Konzept der Erziehungswissenschaftlerin Heidi Rösch. Dabei versuchen sie systematisch ihre Grammatiklücken zu schließen und den Satzbau zu verbessern. Wie man Verben konjugiert oder in welchem Fall der Bär zum Bären wird, trainieren die Campbesucher spielerisch, etwa indem sie Koffer packen oder eine Party organisieren. Anschließend werden die Formulierungen noch einmal überdacht und versucht, Analogien herzustellen.

„Die Schüler machen im Sommercamp große Fortschritte, weil sie sich die Sprache aktiv und mit Strukturen aneignen“, sagt Heidi Rösch von der Technischen Universität Berlin. Dass ihr Konzept für den Unterricht Deutsch als Zweitsprache (DAZ) Erfolg hat, zeigte ein Feriencamp für Kinder aus Bremer Einwandererfamilien im Sommer 2004. Eine vergleichende Untersuchung machte deutlich, dass es nicht reicht, Schüler in Situationen zu versetzen, in denen sie Deutsch sprechen wie etwa beim Theaterspielen. Besonders viel gelernt hatten nur diejenigen, die am DAZ-Unterricht teilgenommen hatten und auch nachmittags in der Freizeit Deutsch sprachen.

„In kleinen Gruppen können die Schüler an ihren eigenen Schwächen arbeiten, sich ausprobieren und mehr Leichtigkeit beim Deutschsprechen gewinnen“, sagt Barbara Hecke, die in der Bildungsverwaltung des Senats das Mercator-Projekt betreut.

Die Essener Mercator-Stiftung erteilt seit September 2005 in Zusammenarbeit mit der Bildungsverwaltung an zwölf Berliner Schulen Förderunterricht in Deutsch. Die Stunden werden von Lehramtsstudenten unterrichtet und finden dreimal in der Woche statt. Neben der deutschen Sprache werden auch fachliche Inhalte vermittelt.

Wegen mangelnder Sprachkenntnisse schneiden Gymnasiasten zwei bis drei Punkte schlechter ab, und Schüler, die gut in Mathematik sind, haben Schwierigkeiten mit Textaufgaben. Andere fallen im Bewerbungsgespräch durch, weil ihnen die Begriffe fehlen, um sich zu präsentieren. Im Sommercamp in Hessen bereiten die Lehrer die Schüler deshalb gezielt auch auf den Abschluss der zehnten Klasse vor, trainieren Bewerbungsgespräche und stellen verschiedene Berufsfelder vor. Das Sommercamp in der Gelben Villa in Berlin kostet 50 Euro, die Fahrten nach Hessen und Bayern mit dem Bildungswerk Ars Vivendi 288 Euro. Empfänger von Arbeitslosengeld II können für ihre Kinder eine Ermäßigung beantragen. Die Fahrten werden pro Teilnehmer vom Senat mit rund fünf Euro bezuschusst.

Speziell an Hauptschüler richten sich die dreiwöchigen Sommercamps, die das Berliner Unternehmen Gegenbauer zusammen mit der Bildungsverwaltung veranstaltet. Eine Gruppe fährt nach Todtmoos in den Schwarzwald, die andere an den Plöner See bei Hamburg, insgesamt können 80 Jugendliche teilnehmen. Ziel ist es, den Schülern einerseits schöne Ferien zu ermöglichen, weil sich viele Eltern einen Familienurlaub nicht leisten können. Darüber hinaus will das Camp die Schüler vor dem Übergang in die achte Klasse bei der Berufswahl unterstützen.

Die Jugendlichen sollen die Gelegenheit haben, Berufe kennen zu lernen, Unternehmen zu besuchen und sich außerdem mit den eigenen Stärken und Schwächen auseinander zu setzen, damit sie wissen, welche Fähigkeiten sie noch verbessern können. Die Firma für Gebäudemanagement, Gegenbauer, will auch kommendes Jahr Geld für ein Sommercamp für Hauptschüler bereitstellen. Das Konzept entstand in Kooperation mit der Bildungsverwaltung und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung.

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