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Rauchen

© Mauritius

Drogen: Alles im Griff?

Alkohol, Kiffen, Rauchen - um das Thema Drogen kommen Jugendliche nicht herum. Das heißt noch lange nicht, dass wir ständig bedröhnt in der Ecke liegen.

Ist Alkohol ein Thema für unsere Seite? Auch Rauchen und Kiffen sind schon zur Genüge in den Medien durchgekaut worden. Wir von Unter 18 sind uns einig, dass das alles komplizierter ist, als es meist dargestellt wird. Denn interessiert es die Kassiererin, ob ich mich ins Koma saufe? Sind Eltern also wichtiger als staatliche Kontrolle, oder wird ihr Einfluss überschätzt? Sind auch sie ein Grund, warum wir rauchen? Haben nicht auch die Hippies gekifft? Doch es wäre falsch zu glauben, wir würden wie Schafe einzelnen Vorbildern hinterherlaufen. Wir sind eine Generation von Drogenexperten, wir wissen mehr als die meisten Erwachsenen. Warum aber übertreiben wir, was in Maßen vielleicht erträglich wäre? Liegen wir eigentlich alle jedes Wochenende besoffen und bekifft in der Ecke? Und warum - um cool zu sein?
Vielleicht hat sich über die Generationen gar nicht so viel verändert - doch aus der Geschichte lässt sich nicht immer die Gegenwart erklären. Wir wollen einen Einblick geben, Kischees relativieren und es anders machen. Immerhin geht es um uns.
Jan-Frederik Frese

Warum trinken wir?

Ein 13-jähriger trinkt sein erstes Bier nicht, weil es ihm schmeckt. Mixgetränke erleichtern den Einstieg, das Bier schmeckt wie Cola. Trotzdem trinkt man Bier, und das ist "cool". Der Einstieg passiert meistens genau deshalb - man will zur Gruppe dazugehören. Beim ersten Kontakt mit Alkohol tut man nur so, als würde man trinken, aber ab jetzt probiert man es richtig aus.

Allmählich lernt man die angenehme Wirkung von Alkohol kennen. Alles wird lustiger, auch scheint es jetzt viel leichter, mit fremden Leuten, insbesondere dem anderen Geschlecht, in Kontakt zu kommen. Man findet sich selbst charmanter, selbstsicherer … Deshalb trinkt man eigentlich immer in Gemeinschaft; alleine brauche ich nicht "locker" zu sein. Aber was tun, wenn einer umkippt? Die Polizei rufen? Den Rettungswagen? Die Eltern? Oder gar abhauen? Oder am besten es gar nicht so weit kommen lassen, den Freund ermahnen? Nur, steht man dann nicht da wie Mutter Teresa höchstpersönlich? Nein, auf keinen Fall. Es kann ja wirklich gefährlich werden, und man hat Verantwortung seinen Mitmenschen gegenüber.

Aber gerade waren wir doch noch bei ein paar Schlucken pro Party? Geht das denn so schnell? Ja, denn am nächsten Morgen hat man nur positive Erinnerungen an den Abend und drei neue Handynummern in seinem Telefonbuch, das freut natürlich. So geht es weiter, ohne Hemmschwelle, und wenn man sich Gedanken macht, werden sie gleich verdrängt. Meistens merken die Eltern irgendwann doch etwas, wenn das Kind immer öfter nach Alkohol riecht. Die ersten Alkoholskandale werden in der Klasse bekannt und intensiv von Eltern und Klassenlehrer besprochen. Wodka statt Bier, Vollrausch statt angetrunken, man testet sich selbst, Grenzerfahrungen werden gemacht. Wer schafft mehr? Das Misstrauen gegenüber dem Kind wächst. An dieser Stelle sollten Eltern aufklären und sagen, was Alkohol, und vor allem viel davon, anstellt mit einem. Mir persönlich hat das geholfen. Ich habe angefangen, darüber nachzudenken. Denn Alkohol, und das vergessen Erwachsene wie Kinder, ist und bleibt eine Droge. Und wenn der Abend wirklich so lustig war wie alle behaupten, dann möchte man sich auch daran erinnern können.
Viktor Kewenig, 15 Jahre

Rauchverbot

Verdammt! Ich dachte, ich halt's bis morgen früh ohne Kippen aus. Mit zitternden Fingern ziehe ich den Reißverschluss meiner Jacke zu, stülpe mir die Kapuze über und gehe hinaus in den strömenden Regen. Ich renne schon fast bis zum Kiosk, reiße die neue Schachtel auf und … STOPP! Will ich so sein?

Wogegen lehne ich mich in meinem Alltag auf? Gegen nervende Eltern, unfaire Lehrer, politische Ungerechtigkeiten, blödsinnige Fernsehshows. Und das alles soll davon übertrumpft werden, dass ich von meiner Zigarette kontrolliert werde? Einem Ding, das nicht nur Mundgeruch, verminderte sportliche Leistungsfähigkeit und erhöhtes Krebsrisiko zur Folge haben kann, sondern auch noch arschteuer ist? Bestimmt nicht!

Andere können von mir aus rauchen. Vielleicht bringt es ihnen ja was: Entspannung, weniger Nervosität oder einen heißen Flirt nach dem Motto: "Hast du Feuer?" "Du bist so heiß, eigentlich müsste sich die Zigarette von selbst anzünden!" Schließlich ist jeder selbst für sich verantwortlich.

Genau deshalb freue ich mich über das Rauchverbot in Restaurants. Wenn ich esse, soll nicht durch den Qualm fremder Leute am Nachbartisch meine Lebenserwartung verkürzt werden. Mal ganz davon abgesehen, dass ich es einfach eklig finde, wenn der Geschmack jeglicher Nahrung durch Rauch übertüncht wird.

Zum Glück ist auch mein Freund Nichtraucher. Es würde mir auch leidtun, ihn ständig vor die Tür jagen zu müssen, wenn wir bei mir sind. Denn in unserem Haus herrscht absolutes Rauchverbot.
Caroline Stelzer, 17 Jahre

An Alkohol kommen? Kein Problem!

Es wird viel geredet über den Alkoholkonsum von Jugendlichen. Die Medien berichten jede zweite Woche über einen Jugendlichen, der sich "ins Koma gesoffen" hat, und tatsächlich sind ja schon Jugendliche an den Folgen einer Alkoholvergiftung gestorben. Der Alkoholkonsum der Jugendlichen soll deutlich gestiegen sein.

Aber woher bekommen die Jugendlichen eigentlich den Alkohol? Laut Jugendschutzgesetz dürfen hochprozentige Alkoholgetränke nicht an Personen unter 18 Jahren verkauft werden. Warum landen dann so viele Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus? Es wird viel darüber geredet, dass das Problem bei unserer Generation liegt, neue Jugendschutzgesetze sollen her. Aber wofür? Würde sich etwas ändern? Immerhin verkaufen uns ja Erwachsene den Alkohol.

Es ist nämlich ganz leicht, an die hochprozentigen Getränke heranzukommen. Manchmal klappt es mit der Behauptung, man sei über 18, habe aber seinen Personalausweis vergessen. Oder man kennt ein paar Läden, wo man immer was bekommt, oder hat Freunde, die schon über 18 sind. Oder man fragt nette Erwachsene im Supermarkt - die kaufen dann den Alkohol für einen. Man müsste also an jede Supermarktkasse einen Polizisten stellen oder die Regeln so verschärfen, dass sich keiner mehr traut, Alkohol an Jugendliche zu verkaufen.

Politiker, Eltern und andere Erwachsenen scheinen diese Seite weitgehend zu übersehen oder absichtlich zu ignorieren - aber dann beschweren sie sich über die heutige Jugend. Natürlich müssen die Jugendlichen selbst ihre Grenzen kennenlernen, aber Erfahrungen kommen ja durchs Ausprobieren. Es müssten Erwachsene einschreiten, wenn es übertrieben wird. Nicht nur bei uns Jugendlichen muss sich etwas ändern, damit es keine jugendlichen Komasäufer oder gar Tote mehr gibt.
Luca Hyzdal, 16 Jahre

Wessen Meinung zählt?

Die einen kiffen in der Schule und kriegen dadurch nichts mehr auf die Reihe, die anderen trinken sich den Verstand weg oder rauchen sich die Lunge aus dem Leib. Oft merkt man selbst, dass man es vielleicht etwas übertreibt. Aufhören tut man trotzdem nicht.

Wenn Eltern oder Lehrer etwas mitbekommen, kriegt man reihenweise Moralpredigten zu hören, es gibt Streit, und am Ende bleibt ein schlechtes Gewissen, weil einem die Meinung der Eltern doch nicht so egal ist, wie man tut. Im Grunde ist es sogar ziemlich wichtig, was sie von einem denken - aber das würde man nie zugeben.

Die Sprüche der Eltern bringen einen meistens auch nicht weiter, sondern erreichen nur, dass es einem schlechter geht, weil man immer wieder unter die Nase gerieben kriegt, was man falsch macht. Trotzdem schafft man es nicht, etwas zu ändern und will es manchmal vielleicht auch gar nicht.

Von wem lassen wir uns eigentlich überhaupt etwas sagen? Meistens sind es die Freunde, auf die wir hören. Wenn ein guter Freund dir plötzlich ins Gesicht sagt, dass er findet, du solltest was ändern, fängst du am ehesten an, dir ernsthafte Gedanken zu machen, denn das muss was heißen. Das sind die Meinungen, die am meisten zählen, denn es sind schließlich die Menschen, mit denen man die meiste Zeit verbringt. Vor den Eltern hat fast jeder einen gewissen Respekt und auch vor dem, was sie sagen. Aber sie sind nun mal die Eltern, und in unserem tollen Alter ist alles, was sie sagen, von vornherein falsch.

Letztendlich entscheidet man selbst, ob man etwas tut oder es lässt; man entscheidet selbst, in welchem Maß man es tut. Wenn man das nicht mehr alleine entscheiden kann, muss man sich gut überlegen, welche Meinung einem am wichtigsten ist, auf wen man nun hört.
Undine Weimar-Dittmar, 16 Jahre

Unterschätzte Droge

Vor einiger Zeit war ich noch dafür, dass Cannabis legalisiert werden sollte. Nun bin ich mir nicht mehr ganz so sicher - vor allem, wenn ich bedenke, dass alle Informationen, die ich bisher zu diesem Thema erhalten habe, stark polarisiert haben. Ob sie von Befürwortern oder Gegnern der Cannabislegalisierung stammten, war dabei egal.

Natürlich besteht unsere Gesellschaft nicht nur aus Marihuanabefürwortern, aber Kiffer findet man in allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen. Es sind nicht nur Reggaefans und Jugendliche, sondern auch Anwälte, Lehrer und Autoren, die gerne mal einen Joint rauchen, um sich zu entspannen. Selbst Alexandre Dumas, der Autor von "Die drei Musketiere" soll sich positiv zu der bewusstseinsverändernden Droge geäußert haben.

Ums Kiffen hat sich eine ganz eigene Kultur entwickelt, wobei die Leute, die diese Kultur "konsumieren", natürlich nicht automatisch auch das Rauschmittel nehmen. Es gibt Kiffermusik, Kiffermützen, Kifferfilme und manchmal auch ganze, meist von Schülern so genannte, Kifferschulen.

Ein Bekannter, vermutlich ein Befürworter, hat mir einmal erzählt, der Cannabiskonsum sei nur deshalb für ungesetzlich erklärt worden, weil die Tabakbranche das Kraut als zu große Konkurrenz empfunden hätte. Es ist eine Tatsache, dass Hanf sehr vielseitig verwendbar ist, und nicht nur den Tabakherstellern einen finanziellen Schaden hätte einbringen können. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass beim Verbot nur die finanziellen Schäden eine Rolle gespielt haben.

Allerdings ist es sehr schwer, einen Befürworter der Legalisierung davon zu überzeugen, dass Kiffen schwerwiegende gesundheitliche Schäden verursachen kann. Cannabis gilt als Softdroge, aber das ist eine Unterschätzung. Viele der negativen Wirkungen sind nicht weniger schädlich als beim Alkohol. Der schlimmstmögliche gesundheitliche Schaden sind die Langzeitfolgen, insbesondere das Auslösen einer dauerhaften Psychose durch Cannabis. Die Wahrscheinlichkeit, eine Psychose zu bekommen, ist seit den Zeiten der Hippies sogar gestiegen, weil der THC-Gehalt im Marihuana durch Genmanipulationen erhöht wurde. THC ist der Wirkstoff im Cannabis, der den Großteil des psychoaktiven Effektes hervorruft. Dadurch wird es noch schwieriger, die ohnehin schon schwer bestimmbare Wirkung vorauszusagen. Wer zu viel Alkohol trinkt, riskiert ernsthafte gesundheitliche Folgen - Cannabis wirkt als bewusstseinsverändernde Droge anders, kann aber genauso gefährlich sein.
Friederike Sander, 15 Jahre

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