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Keine Missverständnisse. Ein Kompliment annehmen zu können, hat nichts mit Arroganz zu tun.

© privat

Kolumne: Was machen wir JETZT?: Einfach mal stolz sein

Bist du arrogant? Das fragte Björn Stephan letztes Mal. Unsere Kolumnistin antwortet ihm heute.

„Du siehst ja toll aus heute!“ – „Ach komm, DU siehst viel besser aus!“ Beschämtes Zu-Boden-Schauen, Erröten. Ich weiß nicht, ob es an Deutschland liegt, aber die meisten Menschen können schlecht mit Komplimenten umgehen. Nicht zugeben, dass man tatsächlich gut aussieht. Nicht einfach nur Danke sagen, lächeln und das Kompliment annehmen. Stattdessen feuern wir im selben Atemzug zurück.

Warum fühlen wir uns unwohl mit Aufmerksamkeit? Warum wird uns flau im Magen, wenn wir etwas Freundliches ohne Gegenleistung annehmen? Reflexartig werfen wir mit Komplimenten um uns, ein Sturm der Nettigkeiten. Wenig davon ist ernst gemeint. Floskeln, mit denen wir uns besser fühlen. Wir haben Angst. Angst vor Zurückweisung, Angst vor Ablehnung, Angst vor Arroganz. Arroganz ist ein fieses Wort, denn es klingt fast so, wie es sich anfühlt. Wir fürchten uns davor, für arrogant gehalten und gemieden zu werden. Denn viele Komplimente sind genauso wenig ernst gemeint wie unsere eindimensionalen, drögen Antworten.

In Wirklichkeit steckt doch aber etwas ganz anderes hinter der Fähigkeit, mit Komplimenten umzugehen: Stolz, im Sinne von Selbstachtung. Und Selbstbewusstsein. Genauso wie unser Land nicht stolz auf sich sein kann, wir uns für unsere Nation entschuldigen und das erst mit jeder neuen Fußball-WM besser in den Griff bekommen – genauso ist es doch verpönt, stolz auf sich selbst, sein eigenes Können zu sein.

Arroganz ist, wenn der Feuilletonist der „Zeit“ in seiner Buchrezension wiederholt anmerken muss, dass Dan Brown ja so unter seinem Niveau ist. Arroganz ist, wenn ich mich selber auf ein Podest stelle und anderen damit ein schlechtes Gefühl gebe. Arroganz ist Selbstüberzeugung immun gegen Kritik.

Ich bin stolz auf meine Talente. Ich bin zufrieden mit meinem Charakter und meinem Aussehen. Warum also soll ich nicht einfach auf ein Kompliment antworten: „Danke, das ist lieb von dir!“ Ohne flaues Gefühl, ohne irgendetwas zurückzugeben. Annehmen, dass es in dem Moment nur um mich geht. Und umgekehrt: einfach bewusst anderen eine Freude machen, und es dabei ehrlich meinen. Wenn es nichts zu komplimentieren gibt, einfach nichts sagen. Ohne Lügen. Denn damit werden Komplimente leere Hüllen, die wir uns überstreifen gegen unsere eigene soziale Unsicherheit. Denk beim nächsten Kompliment mal daran. Ich bin nicht arrogant, lieber Björn, ich bin stolz.

Björn, bist du ein Gespenst?
Nächstes Mal schreibt an dieser Stelle Björn Stephan.

Constanze Bilogan

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