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Identität ist eine Frage des Standpunkts, findet Björn.

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Kolumne: Was machen wir JETZT?: Nicht mehr beleidigt sein

Wenn andere mich einen Ossi nennen, bin ich beleidigt und denke: Du Assi! Wenn ich mich selber einen Ossi nenne, ist es okay.

Wenn andere mich einen Ossi nennen, bin ich beleidigt und denke: Du Assi! Wenn ich mich selber einen Ossi nenne, ist es okay. Weil Selbstbezichtigungen nicht kränkend sind, sondern kokett. Und: Selber beleidigen kann man sich ja nicht, oder?

Damit ist zu diesem Thema auch schon alles gesagt. Oder, na ja, fast alles. Denn die Frage ist doch, warum bin ich überhaupt beleidigt? Ich schäme mich nicht für mein Ossitum. Es ist kein Makel oder Stigma. Eigentlich ist es mir egal – aber anderen offenbar nicht.

Vor einer Weile war ich in München, dieser westdeutschesten aller westdeutschen Städte, zu einem Bewerbungsgespräch. Fragt mich der Chefredakteur doch allen Ernstes: Fühlen Sie sich als Ostdeutscher? Sage ich: Nö. Und fasele dann irgendetwas davon, dass Identität immer nur eine Frage des Standpunktes sei. In München fühlte ich mich als Fischkopp, in Italien als Deutscher, in Afrika als Europäer. Ich dachte: Was für eine beschissene Frage!

Nur weil ich 1987 in einem Land geboren bin, das es nicht mehr gibt, belästigen mich Leute mit ihren Vorurteilen. Klar, Herkunft ist wichtig. Aber es nicht wichtiger, wer wir sind? Oder ist das dasselbe? Und was, bitteschön, ist eigentlich „ostdeutsch“?

Es gibt Menschen, die schlauer sind als ich und sich darüber jede Menge Gedanken gemacht haben. So wie Sabine Rennefanz, Jahrgang 1974, die ein Buch geschrieben hat, über sich und ihre Generation, die verloren durch das Kuddelmuddel der Nachwendezeit stolperte. Rennefanz nennt sie „Eisenkinder“, weil sie so hart darüber geworden sind und wütend.

Oder so wie die Menschen von „Die dritte Generation Ost“, die ein Forum für die letzten Kinder der DDR gegründet haben. Sie finden nämlich, dass sie, die ab 1975 Geborenen, irgendwie anders sind, und sie wollen, dass dieses Ost-West-Ding endlich aufhören soll. Deshalb diskutieren sie darüber, was an ihnen so ostig ist.

Mal davon abgesehen, dass dieses Generationen-Wir immer etwas eklig ist, allein schon weil Sarah Kuttner es ständig benutzt; und mal davon abgesehen, dass es anmaßend ist, weil es auch für Leute spricht, die das vielleicht gar nicht wollen: Glaubt ihr wirklich, dass dieses Ost-West-Schema verschwindet, indem ihr es bedient?

Damit ist zu diesem Thema auch schon alles gesagt. Oder, na ja, fast alles: Wie wär’s mal mit Gemeinsamkeit?

Constanze, bist du ein American-Lifestyler?

Nächstes Mal schreibt an dieser Stelle Constanze Bilogan.

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