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Panorama: Münchner Geschichten

Rüdiger von der Band „Sportfreunde Stiller“ über Mädchen, seine kranke Katze und Usbekistan

Rüdiger, du spielst also Gitarre bei den Sportis.

Das nervt! Wir sind die SPORTFREUN-DE-STILLER.

Sonst nervt euch aber nicht so viel, oder? Auf euren Platten verbreitet ihr immer nur gute Laune.

Das kommt daher, dass uns Musik machen so viel Spaß macht.

Und was macht dir sonst noch gute Laune?

Ich war neulich auf einem Konzert von Max Herre. Ich bin ja ein großer Fan von ihm. Ansonsten versuche ich einfach, mich locker zu machen, wenn Stress aufkommt. Wir hatten dieses Jahr zum ersten Mal eine Phase, wo wir total durch waren. Normalerweise ist es so, dass mir ein Konzert Energie gibt, aber da hat es mir eher Energie gezogen.Wir haben versucht, alles gut zu Ende zu bringen. Und danach habe ich mich ins Bett gelegt.

Ist es schwierig für euch, dass euch manchmal Leute vorwerfen: Ihr seid naiv …

Ich habe mir schon gedacht: „Wie dumm seid ihr Deppen eigentlich, dass ihr immer irgendetwas schlecht machen müsst?“ Ich verstehe nicht, wie man jemandem vorwerfen kann, dass er Menschen eine gute Zeit macht. Vermeintlich banale Themen wie Liebe und Freundschaft sind nun mal die wichtigsten Themen der Welt.

Habt ihr Sachen gemacht, von denen ihr jetzt sagen würdet, dass sie falsch waren?

Mir fallen schon einige Lieder ein, die ich nicht unbedingt auf unseren Platten gebraucht hätte. Bei „Burli“ zum Beispiel „Wir kommen“ oder „Andere Mütter“. Von unserem ersten Album hasse ich „Rocket Radio“. Das ist das unnötigste Lied, das ich in meinem ganzen Leben gehört habe, das ist so schlimm! Was mir dieses Jahr besonders schwer im Magen gelegen hat, war, dass ich in der ganzen Stadt auf einem Plakat der „Bild“-Zeitung zu sehen war.

Wann hast du zum ersten Mal gemerkt, dass du berühmt bist?

Das Wort „berühmt“ ist mir ja eigentlich zu viel. Aber ich werde halt schon oft erkannt. Wenn ich in einem Konzert im Publikum stehe, stoße ich einfach kurz mit jedem der mich erkennt an und dann ist gut. Komisch ist es aber, wenn man alleine in eine Kneipe geht und auf einen Freund wartet. Dann werde ich manchmal ganz unsicher und denke, jeder guckt mich an, obwohl das gar nicht stimmt. Mittlerweile muss ich auch nirgendwo mehr für mein Bier bezahlen, und an der Schlange vor irgendwelchen Clubs dürfen wir auch vorbeigehen. Da kann man ja schlecht sagen: Ich will nicht. Einmal bin ich sogar in Thailand erkannt worden.

Von Thailändern?

Nee, von Deutschen, auf einem Tauchboot.

Obwohl du einen Tauchanzug anhattest?

Nein, hatte ich nicht. Meine Hühnerbrust hat mich verraten. Wobei das eigentlich Quatsch ist, ich habe ja gar keine. Immerhin sind wir sogar zu „Männern des Jahres“ gewählt worden, von „GQ“, diesem Männermagazin. Ich gebe heute schon den ganzen Tag damit an. Das ist schließlich das erste Mal, dass mich überhaupt jemand als Mann bezeichnet.

Herzlichen Glückwunsch. Hat euch eigentlich schon jemand gefragt, ob ihr das Lied für die Fußball-WM 2006 machen wollt?

Ich habe gestern erst eine neue Version der WM-Hymne geschrieben. Es ist aber noch zu früh, etwas Genaues dazu zu sagen. Ich will ja nicht hinterher mit Dieter Bohlen auf der Bühne stehen.

Das Lied ist aber auf Deutsch?

Selbstverständlich. Der Slogan ist ja auch „Die Welt zu Gast bei Freunden“.

Gefällt dir der Slogan?

Ja, schon. Ich glaube, dass Deutschland momentan weltpolitisch einen ziemlich großen Weitblick zeigt. Ich finde es toll, dass die Regierung beim Irakkrieg zusammen stark geblieben ist.

Wo fühlst du dich zu Hause?

In München. Grundsätzlich finde ich, dass es wichtigere Fragen gibt als die nach der Nationalität. In erster Linie hoffe ich, dass ich Europäer bin.

Was hältst du denn davon, eine Radioquote für deutsche Musik einzuführen?

Die Diskussion darum ist wichtig. Öffentlich-rechtliche Sender müssen daran erinnert werden, dass sie von deutschen Steuerzahlern Geld bekommen und einen Kulturauftrag haben. Deshalb sollten sie einen gewissen Anspruch bewahren und nicht nur auf die Quoten schielen. Es kann nicht sein, dass sie sich mit den Privaten gegenseitig in einem Wettbewerb der Dummheit unterbieten.

Aber gute Musik setzt sich von allein durch. Ist das nicht so?

Jetzt seid ihr völlig naiv. Es gibt unzählige Bands, die alles geben. Trotzdem wird ihre Arbeit nicht ausreichend geschätzt, wird ihnen nicht zugehört. Campus, Cosmic Casino oder die Emil Bulls sind Beispiele dafür. Das sind Wahnsinnsbands, die es ungemein schwer haben, weil MTV und Viva immer nur eine ganz geringe Anzahl von unbekannten Bands ins Programm nehmen

Ihr habt auch ohne Quote Erfolg.

Wir hatten Glück. Und wir haben alles stehen und liegen lassen. Wir haben aufgehört zu studieren und alles versucht, um von der Musik leben zu können. Wenn ich in einem Zelt in Burkina Faso leben und Fladenbrot essen würde, müsste ich vielleicht überhaupt nicht mehr arbeiten.

Welchen Job hättest du gemacht, wenn du nicht Musiker geworden wärst?

Ich wäre auch gerne Spieltherapeut im Kindergarten geworden.

Hast du dir von deinem ersten Geld von der Plattenfirma was zum Spielen gekauft?

Wartet, das war irgendetwas total Unnötiges, mit dem ich wochenlang wahnsinnig angegeben habe. Verdammt, es fällt mir jetzt nicht ein. Ich habe mir so viel gekauft seitdem. Was war das denn noch gleich? Es war wirklich total dekadent. Ich muss mal eben den Michi anrufen, der weiß das hundertprozentig. Scheiße, ich habe gestern seine Skijacke einem Penner geschenkt. (Rüdiger ruft seinen ehemaligen Mitbewohner an. Sein Gesicht verfinstert sich.) Die ersten Scheine, die wir bekommen haben, haben wir uns mit Rasierschaum überall an den Körper geklebt. Und dann bin ich losgegangen und habe mir einen Gillette-Mach-3-Rasierer gekauft. So war das!

Rockstarmäßig.

Mittlerweile habe ich mir aber auch einen VW-Bus zugelegt, Baujahr 1974. Aber er fährt sich saugeil. Ich kann einfach nicht mit Autos umgehen, die einen Bremskraftverstärker haben.

Aha. Wir hätten aber noch eine Geldfrage. Ihr habt ja gerade ein Live-Album gemacht, und zwar pünktlich zum Weihnachtsgeschäft. Neue Songs sind da nicht drauf. Das ist doch Betrug.

Nein! Wir wollten den Leuten dazu verhelfen, das perfekte Weihnachtsgeschenk kaufen zu können. Anstatt einer Konzertkarte, eines T-Shirts oder eines Kapuzenpullis von uns. Im Ernst: Wir finden die Platte einfach super. Sie ist ganz nebenbei entstanden, bei dem entsprechenden Konzert hatten wir völlig vergessen, dass es aufgenommen wird. Wir wollten aus dem Material eigentlich B-Seiten machen. Wer sich die CD kaufen will, soll das machen, und wer nicht, soll sie sich halt brennen. Ich habe andere Sorgen, als mich um so ein Kleingekacke zu kümmern.

Ja? Welche denn?

Zum Beispiel ist meine Katze operiert worden. Sie ist dreizehn und hat Krebs bekommen. Jetzt geht es ihr aber schon wieder gut. Sie hat eine Narbe, die mit vierzehn Stichen genäht wurde.

Ein bisschen geltet ihr ja als Mädchenband. Was für Mädchen gefallen euch eigentlich am besten? Die, die im Konzert in der ersten Reihe sind? Oder die Mütter, die ganz hinten stehen?

Vor allem natürlich die Omas, ich finde es ja toll, wenn die zu unseren Konzerten kommen.

Dürfen Mädchen mitmachen, wenn ihr Fußball spielt? Oder beeindruckt es euch, wenn sie gut kickern können?

Beim Fußball nicht. Ich darf aber selber nicht mitspielen, weil ich so gnadenlos schlecht bin. Wenn Mädchen gut kickern können, beeindruckt mich das nur, wenn sie dabei locker sind. Außerdem müssen sie bei mir in der Mannschaft sein. Ich bin ja an manchen Tagen ein extrem guter Kreativspieler. Und mauern kann ich zur Not auch. Also, bei aller Bescheidenheit: Ich bin schon ein hervorragender Kickerer. Übrigens kann ich auch sehr gut Pellkartoffeln kochen. Ich nehme sie dann mit der Hand aus dem kochenden Wasser. Und esse sie sofort auf.

Was plant ihr denn für die nächste Zeit sonst noch?

Demnächst wollen wir einige unserer Lieder mit spanischen Texten neu aufnehmen. Außerdem werde ich bald versuchen, die Sprache zu lernen, allerdings in Mexiko. Und dann werde ich noch zu den Galapagosinseln reisen. Und ich will endlich versuchen, selber zu singen. Zum Beispiel „Zu spät“ von den Ärzten.

Wie war’s in Usbekistan?

Das war krass, leck mich am Arsch. Wir haben fünf Konzerte gespielt; in Taschkent, der Hauptstadt, hing unser Bild an jedem Baum auf der Hauptstraße.

Von der „Bild“-Zeitung?

Ha, ha. In einer Stadt an der Grenze zu Afghanistan haben sie uns die Bühne direkt vor einer Moschee aufgebaut. Da kamen Massen von Soldaten hin, die uns unbekannte Tänze vollführt haben. Wir waren richtige Stars, das war schon geil.

Mit Rüdiger redeten Stefan Hermes und Esther Kogelboom

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