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© Thilo Rückeis / Tagesspiegel

Panorama: Rolle vorwärts

Ludwig Trepte, 19, gilt als Hoffnung für den deutschen Film. Der Berliner Schauspieler arbeitet hart. Zurzeit gewinnt er alle Auszeichnungen. Zuletzt den Adolf-Grimme-Preis

Schon fast routiniert trat Ludwig Trepte, ein junger Schauspieler, gerade mal 19, auf die Bühne. Es war sein zweiter großer Preis nach der Goldenen Kamera für den besten Nachwuchsschauspieler in diesem Jahr. Er bekam letzten Freitag im beschaulichen Marl im Ruhrgebiet den begehrten Adolf-Grimme-Preis für seine schauspielerische Leistung in dem Lehrer-Schüler-Drama „Guten Morgen, Herr Grothe“ (zusammen mit Sebastian Blomberg). Und für den New Faces Award ist er nominiert. „Ich bin für jede Auszeichnung sehr dankbar und freue mich, dass meine Arbeit geschätzt wird“, sagt er, als wir ihn im Café „Blaues Band“ in der Alten Schönhauser Straße in Mitte treffen. Er trinkt Cola, und mehrmals verlagern wir unser Gespräch nach draußen, in den Regen, um eine Zigarette zu rauchen. Er raucht nervös. „Aber ich kann mir nicht nur auf die Schulter klopfen: Ich will weiter, will mich entwickeln und nicht ausruhen. Ausruhen heißt stehen bleiben“, erklärt er in Hinblick auf die Preise.

Die Trophäen stehen übrigens im Bücherregal. Nicht wie bei vielen auf der Toilette.

Rote Teppiche sind nicht sein Ding, das von vielen geliebte Blitzlichtgewitter noch weniger. Interviews mag er nicht besonders und Pressearbeit „schlaucht“ – sagt er. Auch wenn das alle sagen und es schon fast zum guten Ton gehört – ihm glaubt man das. Er ist kein Jungstar, keiner der gerne über Persönliches spricht, die Öffentlichkeit oder gar die Klatschspalten sucht. Seine Profession sieht er in etwas ganz anderem, das, was die ganze Aufmerksamkeit eigentlich erst bedingt: das Spielen. „Ich fühle mich berufen, auch wenn das etwas merkwürdig klingt. Das Spielen ist meine Leidenschaft, das, was ich kann und will.“

Ludwig Trepte gilt als einer der angesagtesten und hoffnungsvollsten Jungschauspieler Deutschlands. Er beherrscht die lauten und leisen Töne: vom „Tatort“ bis zum quälenden Jungen in „Keller“, vom Nazi-Drama in Frankfurt/Oder („Kombat 16“) bis zum Krawalltouristen in „1.Mai “ (Kinostart: 30. April). Und immer beeindruckt dieser Junge durch sein intensives Spiel. Er hat bisher nicht in kommerziell erfolgreichen Kinoproduktionen mitgespielt, das scheint ihm auch gar nicht so wichtig zu sein. Ihm geht es um gute Geschichten, „gute Bücher“, wie er immer wieder betont.

Er hat ein sanftes Gesicht, die großen braunen Augen sezieren das Umfeld genau, im Gespräch hat man immer das Gefühl, dass Ludwig ganz genau nachdenkt. Er überlegt sehr lange. Und wenn er etwas sagt, dann scheint es mehr als nur eine Floskel zu sein.

Seine wuscheligen Haare, sein durchdringender Blick – alles wirkt sehr charismatisch und besonders. Er hat eine kraftvolle Stimme, spricht sehr langsam und ruhig. Nervös ist er nur beim Rauchen. Und wenn er einen Schluck Cola trinkt.

Seit „Kombat 16“ ist er regelmäßig im Kino und noch häufiger im Fernsehen zu sehen. Seine Karriere begann allerdings schon mit 13. Seine Mutter meldete ihn in einer Kindercastingagentur an. Sie fand eine Visitenkarte bei einer Freundin und dachte: „Das kann mein Sohn auch.“ Die ersten Probeaufnahmen waren nicht wirklich überzeugend. Ludwig wurde rot, konnte sich nicht vor der Kamera frei bewegen. Doch die erste Rolle in einem „Tatort“ kam und seitdem drehte er regelmäßig.

Doch erst mit „Kombat 16“ kam die Leidenschaft. „Seit diesem Projekt weiß ich, dass ich nichts anderes machen will.“ Nach diesem Film beendete er die Schule mit einem Realschulabschluss und will sich nicht mehr so recht an die Zeit erinnern. Der Name seiner letzten Schule fällt ihm auf Anhieb gar nicht ein.

Seine Karriere verläuft wie im Bilderbuch, fast märchenhaft und mit 19 ist er verdammt weit.

Privat erfährt man recht wenig vom scheuen Ludwig:

Er wohnt in Prenzlauer Berg, liebt lange Nächte, lebt auch gerne privat wie in der Arbeit exzessiv und sucht doch immer mehr die Entspannung. „Anfang des Jahres war ich auf Kuba – das war eine tolle Erfahrung“, erzählt er. Das Leben dort, der andere Rhythmus, das bewusstere Leben habe ihm sehr gefallen. Er wohnte in einem armen Viertel und wollte Kuba wirklich erleben. Er trieb sich auf der Insel rum, suchte nach Besonderem. „Mein großer Zwiespalt ist, dass ich neugierig bin wie ein kleines Kind und die Ruhe gar nicht leben kann.“ Er ist ein sehr umtriebiger Typ: „Ich muss beobachten, leben und vielleicht mehr Grenzen austesten als andere.“ Er braucht die Intensität und sagt, er wolle gar nicht erwachsen werden. Er ist wie Peter Pan: neugierig, suchend, spielerisch und dennoch unterscheidet ihn etwas von Peter Pan: Er ist auf den ersten Blick sehr ruhig, überhaupt nicht hibbelig. Und in manchen Momenten wirkt er sogar etwas einsam und verloren im Gespräch.

„In der letzten Zeit habe ich überlegt, mir einen Hund zu kaufen.“ Er denkt an einen Beagle, so einen quirligen Jagdhund. Er habe sogar schon eine Pro- und- Contraliste geschrieben, nur leider überwiegen die Contras. Er ist nämlich selten zu Hause und hat auch nicht wirklich Lust, um sechs Uhr morgens rauszugehen. Da geht er abends doch lieber aus.

Nach den beiden bedeutenden Preisen muss er sich für seine Zukunft erst mal keine beruflichen Sorgen machen: Es läuft. Für ein paar Monate hat er sich etwas Ruhe verschrieben und liest im Moment Bücher und wartet auf eines, das kickt. Und wenn er von guten Geschichten und Rollen erzählt, leuchten seine großen braunen Augen und er beginnt zu strahlen. So auch als ihm einer seiner Lieblingsschauspieler nach der Verleihung der Goldenen Kamera auf seinen Preis eine Widmung schrieb: Robert de Niro wünschte ihm alles Gute für die Zukunft und für den nächsten Film:

„Good luck“.

Ric Graf

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