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Schüler über Guttenberg: Netz aus Lügen

Unsere U-18-Autoren schreiben über den Fall Guttenberg. Roberta Huldisch meint: Politiker vergessen, dass jeder, der im echten Leben beim Lügen und Betrügen erwischt wird, mit Konsequenzen zu rechnen hat. Dabei müssten gerade sie aufrichtig sein.

Eines haben unangenehme Wahrheiten so an sich. Sobald man beginnt, an ihrem Lack zu kratzen, fällt der Rest ab wie von selbst. Und was vor zwei Monaten noch ein mit allem Nachdruck von sich zu weisender Vorwurf war, ist plötzlich ein handfester Grund, vor die Presse zu treten, seine Schuld einzugestehen und schließlich seinen Rücktritt bekanntzugeben, glanzlos, wie ein gestürzter Sonnenkönig. Bis zum bitteren Ende wird um Verständnis geworben, sogar um Mitleid.

Politiker verlangen, wie normale Menschen behandelt zu werden und vergessen dabei, dass jeder, der im echten Leben beim Lügen und Betrügen erwischt wird, mit Konsequenzen zu rechnen hat.

Sie versuchen einerseits, immer stark, ehrbar und souverän zu wirken, keinen Fehler und keine Schwäche offenzulegen. Andererseits haben sie nicht den Mut und das Rückgrat, die Wahrheit zu sagen, wenn das auf Kosten ihrer Macht geschieht.

Doch wozu gibt es gute Rhetoriker, wenn nicht, um selbstsicher und elegant die Tatsachen zu umreden. Selbst am Ende aller Debatten wird der Politiker als Märtyrer dargestellt, als Ertrinkender in einer Flut aus spöttischen Schlagzeilen. Als erschöpfter Mensch, dessen persönliche Schwächen und Fehler einzig und allein zum Zwecke seiner Demütigung ins Unermessliche verzerrt wurden.

Auf Facebook fordern in einer Gruppe fast 600 000 Deutsche Karl-Theodor zu Guttenberg zurück. Hier sind die Grünen an allem schuld, sie haben zusammen mit den linksradikalen Wutbürgern in einer von den sensationshungrigen Medien angestifteten Hetzjagd den aufrichtigen Minister aus dem Parlament getrieben. Seit wann ist Betrug nicht mehr in Ordnung? Anders bringt man es doch zu nichts.

Politiker halten unser Land und damit unsere Zukunft in ihrer Hand. Sie haben eine unbeschreibliche Macht, und genau dadurch eine so große Verantwortung den Menschen gegenüber. Es ist wichtig, dass sie uns in folgenschweren Fragen wie Kriegen oder Atomkatastrophen mit nichts als der Wahrheit begegnen. Wie können wir uns aber dessen sicher sein, wenn sie jeden persönlichen, menschlichen Fehler mit einem Netz aus Lügen verdecken? (Roberta Huldisch, 16 Jahre)

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