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Facebooks neue Funktion: Timeline.

© dpa

Verhalten im sozialen Netzwerk: Der Facebook-Knigge

Wenn es nach Mark Zuckerberg geht, ist Facebook bald unser „Lebensarchiv“. Alle unsere Daten werden mit der neuen "Timeline" für immer gespeichert. Man kann das komplett ablehnen. Wer sich aber zur Archivierung entschließt, der sollte einige Regeln beachten. Wir erklären die wichtigsten.

Im Umgang mit der neuen „Timeline“ gibt es ein paar Dinge zu beachten. Wie vermeide ich "1984"? Darf man seine Ex noch anstupsen? Mit unseren Tipps bleibt das virtuelle Ich tadellos.

1. Sorge dafür, dass Du die richtige Anzahl von Freunden hast. Wenn du es weniger als 10 sind: 100 Anfragen an alte Klassenkameraden versenden oder austreten und Freunde im Real Life suchen. Sind es mehr als 1000: Freundschaften kündigen oder austreten und Freunde im Real Life suchen. Echte Freunde.

2. Vermeide es, Statusupdates zu schreiben, wenn du betrunken nach Hause kommst; niemand will lesen, wie sehr du deinen Ex- Partner vermisst. Für Jungs ist es eine ebenso schlechte Idee in diesem Zustand ein neues Profil mit dem Namen „Seiner rechten Hand“ anzulegen. Die dann im eigenen Profil angeklickte Option „Ist in einer Beziehung mit...“ mag um halb vier Uhr nachts noch witzig sein, am nächsten Morgen ist sie es nicht mehr.

3. Verhindere auch, dass betrunkene Freunde in deiner Abwesenheit an deinen Rechner gelangen und Sätze in deine Statuszeile schreiben wie „Ich esse kleine Kinder.“

4. Vergiss nicht, dass es dir auf Facebook immer gut geht; schlechte Zustandsmeldungen hebst du dir für Twitter auf. (Da weiß niemand, wer du wirklich bist.)

5. Vermeide es, das „Dentist-Kid“-Video zu posten; bis zu diesem Zeitpunkt haben es knapp 100 Millionen Menschen gesehen. Dass sich all deine Freunde darunter befinden, ist sehr wahrscheinlich. Für Mädchen: Katzen-Videos gehen immer. Für Jungs: Fail-Videos. Achte in beiden Fällen auf die Korrelation zwischen Youtube-Erscheinungsdatum und Klickzahl. Nicht zu spät auf den Zug aufspringen (dann kennen es schon alle) und nicht zu früh (vielleicht hast du die Meinung, dass der Clip unterhaltsam ist, ganz exklusiv).

6. Schreibe Statusupdates, die dich interessant wirken lassen: „Best day of my life!“, „Krassestes Erlebnis ever!“ oder „Jennifer Aniston ist wirklich super-nett!“ (wenn’s geht mit Foto belegen) sind für den Anfang ideal. Nicht so gut hingegen: „Mmmmmh ... Müsli!“, „Schon wieder Montag :-(„ und „Was kommt heute Abend im Fernsehen?“ Ob Sätze wie „Ich möchte mich einer Straßenparade anschließen“ funktionieren, musst du durch Beobachten des Verhaltens deiner Freunde erst herausfinden.

7. Vermeide es, Statusupdates zu schreiben, die länger als eine Twitter-Tweet sind; sei gewiss: sie werden von niemandem gelesen.

8. Vermeide es auch, Filmchen zu posten, die länger als 1,5 Minuten lang sind. Die goldenen Zeiten, als unsere Aufmerksamkeitsspanne MTV-geschult epische dreieinhalb Minuten betrug, sind längst vergangen. 15 Sekunden haben sich als ideale Dauer herausgestellt.

9. Bekämpfe das System und leite die Datensammler in die Irre. Um „1984“ zu vermeiden sorge dafür, dass unter deinen Interessen neben deinen wirklichen Vorlieben auch Seiten geliked sind wie „Guido Westerwelle“, „Klimawandel – alles Lüge!“ und „I <3 Stefan Mross“ (natürlich nur, wenn du nicht tatsächlich ein Fan bist). Klopfe dir selbst auf die Schulter, wenn du rechts auf der Startseite zum ersten Mal auf einen neuen Volksmusik-Sampler aufmerksam gemacht wirst.

10. Gratuliere immer allen Freunden auf ihrer Pinnwand zum Geburtstag. Am besten mit einem Lied von Heintje (»Wenn du einmal Geburtstag hast«) für Mädchen, für Jungs hingegen „Happy Birthday“ von Jimi Hendrix oder »Birthday Sex« von Jeremiah. Sie werden dir dankbar ebenfalls alle zum Geburtstag gratulieren, und du wirst dich beliebt und großartig fühlen. Wichtig: Bedanke Dich erst am nächsten Tag für die Glückwünsche, denn an Deinem Geburtstag hattest du selbstverständlich besseres zu tun als am Computer zu sitzen.

11. Sowieso: Facebook spielt offiziell nur eine untergeordnete Rolle in deinem Leben. Du gehörst natürlich nicht zu den 5% Internetsüchtigen der Bevölkerung. Du checkst auch nicht schon vor dem Zähneputzen die Hauptmeldungen auf der Startseite. Du bist entspannt und schaust ein- bis zweimal am Tag nach dem Rechten, wenn es dein wichtiges, aufregendes Real Life erlaubt. Deswegen kannst du Freundschaftsanfragen auch selten sofort bestätigen, sondern erst am nächsten Tag. Für Chats hast du maximal 15 Minuten Zeit (ein Chat ist kein Telefongespräch in deinem Schlafzimmer; alle Freunde können hier Zeuge werden, wie lange du online bist.) Wenn du frisch verliebt bist, ist das eine Ausnahme, aber dann ist sowieso ALLES erlaubt.

12. Gewöhne dir an, deine Smartphone-Fotos mit einer App wie „Hipstamatic“ zu machen. Deine Motive werden professionell, künstlerisch und nostalgisch aussehen. Sogar der schrottige Ford Ka, den dir deine Mutter überlassen hat, wird eines fernen Tages die gleiche romantische Aura haben wie es der Citroen 2 CV deiner Eltern. Du wirst deinen Enkel auf dem einen Schenkel sitzen haben, das ipad 27 auf dem anderen. Du wirst sagen können „Ach das waren Zeiten...“ und dabei Gedanken verloren über den Touchscreen wischen.

13. Spiele keine Facebook-Games. Nein, nicht mal FarmVille. Auch nicht wenn du krank im Bett liegst. Dir werden keine Entschuldigungen einfallen, wenn dein Enkel dich eines Tages vollkommen zu Recht fragt: „Du hast mit 25 in deiner Freizeit Schafe gehütet!? Auf dem Computer!?!“

14. Vermeide es, eine zweite Tessa zu werden. Wenn du zu einer Party einlädst, dann mach die Gästeliste nur für die eingeladenen Gäste sichtbar. Viel besser als Party aber: Eine Veranstaltung erstellen für nur zwei Personen. „Knutschen auf der Oberbaumbrücke um 20 Uhr – nimmst du teil?“ Seit der Grundschule hat das „ja/nein/vielleicht“-Spiel nicht mehr so viel Spaß gemacht.

15. Lösche deine frisch getrennte Ex-Beziehung aus der Freundesliste. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Schütze dich davor, dich auf deiner eigenen Seite mit phantastischen Dates zu brüsten, die niemals stattgefunden haben, nur um jemand anderen eifersüchtig zu machen. Verhindere auf diese Weise außerdem, jede neue Freundschaft der Ex-Beziehung solange zu googlen bis dein Selbstbewusstsein im Keller ist. Schreibe ihr außerdem keine Hatepostings auf die Pinnwand und behalte Deinen Beziehungsstatus für dich (das gilt sowieso immer – Freunde, bei denen „Single“ auf der Info-Seite steht, sind so attraktiv wie eine Disko, auf der „Szene-Club“ vorne dran steht.) Wenn ihr dann tatsächlich entfriendet sein solltet: NICHT! ANSTUPSEN! Denn in all diesen Fällen wirst du dich hinterher elend fühlen. Und auch für diesen Punkt gilt: Wie willst du das deinen Enkeln erklären?

Von Alissa Jung und Richard Kropf ist soeben das Buch „Ameisenknochen. ,Was machst du gerade?’ und andere wichtige Fragen der Generation Facebook“ erschienen (Gütersloher Verlag, 176 Seiten, 16,99 Euro)

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