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World Wide WEG: Mathe fünf!

Den Rest seines Aufenthalts in Australien wollte Julius entspannen. Nur leider kann er sich das nicht leisten

Von: Julius Wolf

An: werbinich@tagesspiegel.de

Betreff: Mathe Fünf!

Ich könnte schreien. Ich könnte kotzen. Mein genialer Plan, vor meiner Heimreise in Australien nicht mehr zu arbeiten, hat nicht geklappt. Gerade mal eineinhalb Monate haben Jane und ich mit unserem Wassermelonengeld geschafft. Sie ist für meinen Kumpel Timo hierhergekommen, der nach einem Jahr Australien zurück nach Berlin geflogen ist. Mit Jane habe ich Silvester verbracht.

Drei Monate waren wir zusammen auf der Melonenfarm, ich davor sogar noch länger und trotzdem hat das Geld hinten und vorne nicht gereicht. Nach dem Ende der Melonensaison sind wir nach Adelaide geflogen, haben ein paar Tage bei Bekannten von Jane verbracht und uns ein neues Auto gekauft. Von dort aus sind wir nach Melbourne und dort ging das unkontrollierte Geldausgeben wieder los. Wie zu Beginn meines Trips. Und die Benzinpreise sind inzwischen auch hier in Australien gestiegen.

Kurz vor Sydney haben wir Basti, Laurenz und Severin kennengelernt. Die haben alle noch ausreichend Geld und jeden Abend groß gekocht. Davon haben wir uns anstecken lassen. Aus Nudeln mit Ketchup wurden Spaghetti Bolognese, anstatt Billigwürstchen hatten wir Kängurusteak, die Äpfel haben wir gegen Mangos und Maracujas getauscht. Dazu gab es eine große Auswahl an frischem Gemüse, Salat, Oliven und gegrillte Maiskolben. Und Goon, den billigsten aller billigen Weine, kann man zu solchem Essen natürlich auch nicht trinken. Bier passt besser. Ist aber teurer.

Wir haben versucht, zwischen den Städten so viel wie möglich wild zu campen. Oder auf kostenlosen Campingplätzen zu übernachten. Aber in Sydney wurde das Geld trotzdem knapp. Deswegen haben wir dort auch ausgerechnet, wie weit wir ungefähr noch kommen könnten. Also wurde die gesamte zur Verfügung stehende Summe aufgeteilt in Verpflegung, Benzin und Vergnügen. Bis Cairns müsste es noch reichen, haben wir gedacht. Wenn wir wieder ein bisschen spartanischer essen und so selten wie möglich vom direkten Weg abweichen, sollte das klappen, haben wir gesagt. Ich hatte in Mathe im letzten Schuljahr eine Fünf. So viel zur Zuverlässigkeit unserer Rechnung.

Außerdem ist es recht schwer, von Steak, Bier und Mais zu Instantnudeln zurückzukehren. Also sind wir inzwischen wieder in Stanthorpe. Hier war ich letztes Jahr mit Timo zur Apfelernte. Heute war unser erster Arbeitstag. Nach sage und schreibe einem Monat und 21 Tagen seit wir unseren letzten Job beendet haben. Ungefähr zwei Monate werden wir hier bleiben. Geld verdienen, um weiter zu reisen. Sage keiner, ich sei nicht im Ernst des Lebens angekommen.

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