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Panorama: Zum Denken bringen

Unser Leser Gerhard Dallmann hatte 1942 einen ungewohnt entspannten Lehrer

Ich will Ihnen von Herrn Bauch erzählen. Er war 1942/43 mein MatheLehrer an der Humboldt-Oberrealschule in Tegel. Herr Bauch war etwas ganz Besonderes, gerade in der autoritären Zeit damals. Denn er war ein ruhiger und systematisch voranschreitender Lehrer.

Jeder Schüler konnte bei etwas Aufmerksamkeit gut mitkommen. Hin und wieder gab es aber Situationen, in denen er bei einer falschen Antwort eines Schülers merkte, dass dieser überhaupt nichts verstanden hatte. Dann unterbrach Herr Bauch seinen Unterricht, setzte sich entspannt auf einen der Tische und gab eine Lektion für diesen einen Schüler.

Dabei sorgte er für eine völlig entspannte Situation, hatte viel Zeit für einfache Fragen und bemühte sich, die Stelle zu finden, wo der Problemschüler nicht mehr mitgedacht hatte.

Diese Haltung, das Lehren ernst zu nehmen und es als ein Fortschreiten im Denken jedes einzelnen anzusehen und nicht voranzuhasten, die hat mir imponiert, und ich habe sie nie mehr vergessen.

Herr Bauch musste sich nie mit Strafen durchsetzen. Das hatte er nicht nötig. Wir haben getan, was er wollte, weil er uns mit seinem Charakter beeindruckte. Normalerweise ging man damals in die Schule, um sich seine Lektion abzuholen. Der Lehrer schrieb an die Tafel, wir schrieben ab. Punkt. Dass ein Lehrer Fragen stellte, um uns zum Denken zu bringen, war eine Haltung, die nicht in die autoritäre Zeit damals passte.

Aufgezeichnet von Claudia Keller.

Gerhard Dallmann ist 73 Jahre alt. Er war zunächst Grundschullehrer, von 1966-94 lehrte er am Pädagogischen Zentrum.

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