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Panorama: Wie die Männer

In Iran dürfen Frauen jetzt immerhin Polo spielen

Es war ein historischer Augenblick im Schuhada-Stadion in Teheran: Erstmals seit über 100 Jahren trafen im September zwei Frauenmannschaften bei einem Polo-Turnier aufeinander. Mit Kopftüchern unter den Polohelmen und knielangen gelben und weißen Mänteln über der Reithose traten die Teams gegeneinander an. Die gelbe Mannschaft gewann – aber gejubelt haben alle Teilnehmerinnen. Das „königliche“ Spiel – vor etwa 2500 Jahren im antiken Persien entwickelt und bei den Herrschern beliebt – feiert damit im Iran von heute neue Triumphe.

Seit zwei Jahren baut Iran einen Polo- Verband auf – heute hat er 74 Mitglieder, davon sind zwölf Frauen. „Wir beleben eine große Tradition des antiken Persien wieder“, freut sich der Sekretär der Föderation, Bagheri Fakhr. Polo sei bei Frauen damals äußerst beliebt gewesen, verweist er auf die zahlreichen historischen und literarischen Texte, die dies belegen. In Anlehnung daran hieß das erste Frauen-Polo-Tunier der jüngeren Geschichte „Irans Literatur-Cup“. Fakhr hofft, dass daraus ein jährlicher Wettbewerb wird. Das Argument der Tradition und das Versprechen, dass der Sport nicht nur Reichen offen stehen werde, ließen den obersten Religionsführer Chamenei der Öffnung des neuen Polo-Verbandes auch für Frauen zustimmen.

Dennoch wird das Spiel für Frauen wahrscheinlich auf eine wohlhabendere Minderheit beschränkt bleiben – und die rechtliche und soziale Benachteiligung nicht beenden, die Frauen in Iran beklagen. Aber das Polotunier ist ein Beispiel dafür, dass iranische Frauen trotz der strikten Kleiderordnung der islamischen Republik mehr Rechte haben als ihre Geschlechtsgenossinnen in anderen islamischen Ländern.

Und die Grenzen verschieben sich weiter: Vielleicht nicht aus Einsicht darüber, dass Frauen gleiche Rechte wie Männer haben sollten – sondern unter Rückgriff auf persische Traditionen, oder aus praktischer Notwendigkeit. So hat im März dieses Jahres der zweite Jahrgang weiblicher Polizistinnen die Polizeiakademie verlassen und die Arbeit aufgenommen. Die etwa 100 Frauen waren unter anderem in Judo, Fechten und im Umgang mit Waffen ausgebildet worden. Bei der Graduierungszeremonie traten sie im Tschador auf, dem Gewand, das die Frauen von Kopf bis zu den Füßen bedeckt. Im Einsatz sollen sie jedoch Hosen und leichte Mäntel darüber tragen. Die ersten Frauen, die seit der islamischen Revolution 1979 zu Polizistinnen ausgebildet wurden, waren 2003 in den Dienst getreten. Grund: Die Zunahme von Frauenkriminalität machte die Ausbildung weiblicher Fahnder und Gesetzeshüter nötig.

Auch wenn iranische Frauen wählen und öffentliche Ämter ausüben dürfen – nur nicht als Präsident – und ihnen die meisten Berufe offen stehen, beklagen Frauen wie die Anwältin und Nobelpreisträgerin Schirin Ebadi ihre rechtliche Benachteiligung.

Wird eine Frau bei einem Unfall getötet, muss nur die Hälfte der Wiedergutmachung gezahlt werden wie bei einem Mann. Das Erbrecht und das Familienrecht benachteiligen Frauen ebenfalls. Dabei hatte Ajatollah Chomeini die Frauen gerade auch in ländlichen Gebieten im Namen der Revolution mobilisiert und dazu angeleitet, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. – Eine Spätfolge davon ist, dass in Iran mit mindestens 40 Prozent ein sehr hoher Anteil der Frauen beispielsweise 1997 zur Präsidentschaftswahl ging. Auch der Krieg gegen den Irak führte dazu, dass Frauen traditionelle Männerrollen als Ernährer übernehmen mussten.

Doch die Gesetzgebung wurde aus ideologischen Gründen nicht angepasst. Darüber kann auch die Erlaubnis für Frauen, wieder Polo spielen zu dürfen, nicht hinwegtäuschen.

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