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Panorama: Wie sicher sind Billigflieger?

Europäische Gesellschaften sind unbedenklich – fragwürdig sind kleine Airlines in fernen Urlaubsländern

Der Absturz der Boeing 737 der ägyptischen Gesellschaft Flash Airlines hat die Diskussion um die Sicherheit so genannter Billigfluggesellschaften entfacht. Soll man noch Billigflieger buchen? Oder auf teurere Gesellschaften ausweichen?

Billigflieger in Europa können nicht mit Billigfliegern außerhalb Europas und der USA verglichen werden. Luftfahrtexperten verweisen auf deutliche Unterschiede zwischen den großen Low-Cost-Airlines mit exzellenten Sicherheitsstandards und Mini-Gesellschaften mit wenigen Flugzeugen, die immer häufiger insbesondere in Urlaubsländern aus dem Boden schießen.

Nagelneue Jets bestellt

Keine der großen europäischen Billig-Airlines war bisher von einem Absturz betroffen. Ihre Sicherheitsstandards sind die gleichen wie bei großen Gesellschaften. Und mit Ausnahme einer ohne Personenschaden von der Landebahn abgekommenen Maschine hat auch der amerikanische Altvater aller Low-Cost-Gesellschaften, Southwest, nach 32 Jahren noch immer eine weiße (Sicherheits-)Weste.

Während die etablierten Fluggesellschaften in der jüngsten Wirtschaftskrise kräftige Einbrüche verzeichneten, boomt das Geschäft der Günstig-Flieger, die deshalb ungebremst in neue Maschinen investieren können. So haben die europäischen Marktführer Easyjet (Großbritannien) und Ryanair (Irland) jeweils 120 nagelneue Jets bestellt, deren Auslieferung bereits begonnen hat. Auch deutsche Gesellschaften wie Air Berlin, Germanwings und Hapag-Lloyd-Express verfügen über extrem junge, moderne Flotten. Gespart wird bei den europäischen „Billigfliegern“ an überflüssigem Schnickschnack wie großen Verwaltungsapparaten, aufwendigen Buchungsverfahren und Bordservice, nicht aber an der Sicherheit. Alle deutschen Fluggesellschaften unterliegen den gleichen Auflagen und Zulassungskriterien, sagt ein Sprecher des Luftfahrtbundesamts.

Für Markus Kirschneck von der Pilotenvereinigung Cockpit bestehen aber auch hier Unterschiede. „Es gibt Airlines, die erfüllen gerade einmal das gesetzliche Minimum, andere tun mehr." Früher seien in Sachen Flugsicherheit „von Deutschland große Innovationen ausgegangen", heute übernehme der Staat angesichts leerer Kassen oft nur noch US-Vorschriften. Gerade deshalb sei es Aufgabe der großen Fluggesellschaften, auch in Entwicklungs- und Forschungsarbeit auf dem Sicherheitssektor zu investieren.

Besonders kritisch beobachtet Kirschneck jedoch Airlines, die noch weniger als vorgeschrieben für die Sicherheit tun. Die teilweise nur mit ein oder zwei älteren Gebrauchtflugzeugen ausgestatteten Firmen werden immer wieder in Urlaubsländern gegründet, um ihre Besitzer mit geringem Aufwand an den Einnahmen aus dem Touristik-Geschäft zu beteiligen, warnen Experten. Partner finden sie häufig in Billig-Reiseveranstaltern.

Noch 1996 gründete das Luftfahrtbundesamt eine Task Force, die Flugzeuge ausländischer Airlines auf deutschen Flughäfen auf ihre Sicherheit überprüft. Bereits nach wenigen Wochen führten diese Stichprobenkontrollen zu einem Einflugverbot für die türkischen Holiday Airlines, die bald darauf ihren Betrieb einstellen mussten. Inzwischen bescheinigen die Kontrolleure den türkischen Ferienfliegern einen guten Sicherheitsstandard. Dass die „Ramp Checks" weiterhin notwendig sind, belegen eindrucksvolle Zahlen. 2002 wurden in Deutschland 1058 Flugzeuge kontrolliert, rund ein Drittel der 3234 Maschinen, die im Verbundsystem von insgesamt 25 europäischen Staaten überprüft wurden.

Betroffen waren europaweit 532 Luftverkehrsgesellschaften aus 115 Ländern. Ein Großteil der 3064 Beanstandungen betraf Formalien wie unvollständige Papiere oder fehlende Lärmzeugnisse. Es gab aber auch Schäden an Reifen und Bremsen (115 Fälle), Treibstoff- und Hydraulikleitungen (104), Triebwerken (80) und Fahrgestellen (44). In zwölf Fällen waren die Mängel so gravierend, dass die Flugzeuge mit einem Startverbot belegt wurden. Sechs Airlines erhielten Einflugbeschränkungen oder -verbote.

Die amerikanische Bundesluftfahrtbehörde FAA bewertet keine einzelnen Fluggesellschaften, sondern die Fähigkeit der nationalen Luftfahrtbehörden, die Sicherheit der Airlines des jeweiligen Landes zu überwachen. Unter den 25 Staaten, deren Kontrollen bisher nicht den Standards der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO entsprechen, werden als einzige europäische Länder noch Bulgarien und Polen genannt. Auch Ägypten befindet sich - im Gegensatz zu Ländern wie Argentinien, Bangladesh und der Dominikanischen Republik - nicht auf der Liste.

Rainer W. During

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