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Julian Assange wird in Schweden Vergewaltigung und sexuelle Belästigung vorgeworfen.

© dpa

Update

Wikileaks-Gründer: Gericht erlaubt Auslieferung von Julian Assange

Julian Assange scheitert in zweiter Instanz vor einem britischen Gericht. Jetzt bleibt dem Wikileaks-Gründer noch eine Chance, um seine Auslieferung nach Schweden zu verhindern.

Wikileaks-Gründer Julian Assange kann wegen der Vorwürfe von Vergewaltigung und sexueller Belästigung nach Schweden ausgeliefert werden. Dies entschied der Londoner High Court in einem Berufungsverfahren, in dem es in allen vier Punkten gegen Assange und für den schwedischen Auslieferungsantrag im Rahmen des europäischen Auslieferungsrechts entschied.

Damit könnte der umstrittenen Journalist und Medienunternehmer noch im November nach Schweden ausgeliefert werden. Die dortige Staatsanwaltschaft beantragte die Auslieferung, um die von zwei Frauen gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu prüfen. Bis auf Weiteres bleibt Assange gegen Kaution auf freiem Fuße, muss aber weiter seine „elektronische Fußfessel“ tragen.

„Ich bin in keinem Land irgendeines Verbrechens angeklagt worden“, sagte Assange in einer kurzen Stellungnahme nach der Urteilsverkündung. Assanges Internetenthüllungen lösten im Sommer 2010 weltweite Debatten aus. Bei seiner Ankunft zum Gerichtstermin riefen Anhänger wieder „Freiheit für Assange. Freiheit für Manning“ – womit der wegen Geheimnisverrats inhaftierte US-Soldat Bradley Manning gemeint ist, der die Geheimdokumente des amerikanischen Diplomatendienstes gestohlen und Wikileaks zugespielt hat. In London allerdings ging es in keiner Weise um die Wikileaks-Enthüllungen, lediglich um die schwedischen Vergewaltigungsvorwürfe. Assange konzentrierte sich in seiner kurzen Erklärung ganz auf das Verfahren. Mit etwas längeren Haaren, fülligerem Gesicht, im blauen Anzug mit der Mohnblume für die britischen Kriegstoten im Knopfloch sagte er, die britischen Gerichte hätten nach dem europäischen Auslieferungsverfahren keinerlei Recht, die Fakten und Tragfähigkeit der möglichen Schuldvorwürfe zu prüfen, das hätten die Richter in ihrem Urteil klar herausgestellt. Assange forderte alle auf, das Urteil auf der Website swedenversusassange.com nachzulesen – dort kann man auch spenden, denn der Australier muss als Nächstes 19 000 Pfund Gerichtskosten bezahlen.

Assanges Anwälte haben bereits angedeutet, dass sie Berufung einlegen wollen. Sie haben nun 14 Tage Zeit, um beim High Court den Verweis des Verfahrens an den britischen „Supreme Court“ zu beantragen. Dafür muss nachgewiesen werden, dass der Fall von übergreifendem Interesse für die Öffentlichkeit und das Rechtssystem ist. Geht der Fall an den Supreme Court, wäre auch ein erneutes Berufungsverfahren vor dem europäischen Gerichtshof denkbar.

Wachsende Kritik an den Bestimmungen des europäischen Haftbefehls könnte Assange helfen. Erst diese Woche forderte die Familie des 23-jährigen Engländers Andrew Symeou eine Änderung des Europäischen Haftbefehls. Andrew war für ein Mordverfahren nach Griechenland ausgeliefert, schuldig gesprochen und über ein Jahr inhaftiert worden, obwohl eine Prüfung des Auslieferungsgesuchs durch ein britisches Gericht vermutlich bereits seine Unschuld bestätigt hätte. Die Zahl innereuropäischer Auslieferungen hat sich seit Einführung des Haftbefehls überproportional gesteigert.

Ob Assange genug Spenden bekommt, ist ungewiss. Wikileaks musste die Veröffentlichung der Geheimakten im Oktober aus Geldmangel einstellen. Assanges im September erschienene, „unautorisierte Autobiografie“, aufgrund eines Buchvertrages, aber gegen Assanges Willen quasi als „leak“ veröffentlicht, war ein Verkaufsflop und machte nach dem einhelligen Urteil von Buchkritikern seine Persönlichkeit nicht gerade sympathischer. Der Medienrummel gestern vor dem Londoner Gericht war spürbar geringer als beim ersten Verfahren im Dezember.

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