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Panorama: Windjammer in Flammen

Ein Großbrand hat das Londoner Wahrzeichen „Cutty Sark“ schwer beschädigt

Von Markus Hesselmann

Ein rußgeschwärztes Metallskelett ist alles, was vom Rumpf des stolzen Schiffs übrig blieb. Die „Cutty Sark“, eine der großen Touristenattraktionen Londons, brannte am Montagmorgen aus. Das Deck des historischen Segelschiffes wurde vollständig zerstört. Glücklicherweise waren die 46 Meter hohen Masten und weitere wichtige Teile der Aufbauten unlängst entfernt und eingelagert worden. Denn das Schiff, das an der Themse in Greenwich liegt, ist ohnehin zurzeit eine Baustelle. Es wird restauriert. Das Wasser hatte den gusseisernen Teilen des Schiffs über die Jahrzehnte zugesetzt. Das Feuer zerfraß nun die hölzernen Planken und Balken. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts der Brandstiftung.

„Die Zerstörungen sind groß, doch wir haben gute Hoffnung, dass wir das Schiff wieder vollständig hinkriegen“, sagte ein Sprecher der Cutty-Sark-Stiftung, die sich um das historische Handelsschiff kümmert. „Für unser Restaurierungsprojekt ist das natürlich ein gewaltiger Rückschlag. Das alte Mädchen braucht jetzt mehr Hilfe als jemals zuvor.“ Trotzdem gehe die Stiftung weiterhin davon aus, das Schiff wie geplant in zwei Jahren der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen. Dann soll die „Cutty Sark“ an gleicher Stelle in einem neuen Trockendock liegen, in das die Touristen hinabsteigen können, um den 85 Meter langen, aus Holz und Metall konstruierten Rumpf auch von unten zu bewundern. Rund vierzig Millionen Euro sollte die Restaurierung ursprünglich kosten. Jetzt dürfte das Projekt allerdings noch einmal deutlich teurer werden.

Vor 138 Jahren wurde das 900-Tonnen-Schiff im schottischen Dumbarton gebaut. Benannt ist es nach einer Figur aus einem Gedicht von Robert Burns. Zu Zeiten des britischen Empires transportierte die „Cutty Sark“ Tee aus Asien und Wolle aus Australien nach Europa. In dreieinhalb Monaten schaffte der Dreimaster die Strecke von London um das Kap der Guten Hoffnung nach Schanghai. Später wurde es als Schulschiff genutzt. In den fünfziger Jahren wurde die „Cutty Sark“ zur Touristenattraktion. Nach Angaben des National Maritime Museum in Greenwich war es weltweit das erste Handelsschiff, das als Sehenswürdigkeit ausgestellt wurde. In Greenwich liegt es unweit des Nullmeridians. Von hier aus eroberte die See- und Handelsmacht England einst die Welt.

Der Brand auf der „Cutty Sark“ brach am frühen Montagmorgen aus. Um 4 Uhr 46 wurde die Feuerwehr alarmiert. Zunächst gingen die Löscharbeiten schleppend voran, weil es Gerüchte gab, dass sich Gasflaschen und gefährliche Chemikalien auf dem Schiff befänden. Erst nach einer Dreiviertelstunde stellten sich diese Angaben als falsch heraus. Dann hatte die Feuerwehr die Flammen schnell unter Kontrolle. Die umliegenden Häuser waren wegen des Großbrandes evakuiert worden. Die Polizei sperrte Straßen ab. In der morgendlichen Rushhour in Südostlondon gab es ein Verkehrschaos. Bis zum Nachmittag drang noch Rauch aus den Trümmern des Schiffs. Teergeruch lag über Greenwich.

Die Polizei sichtete Aufnahmen von Überwachungskameras aus der Gegend um die „Cutty Sark“. In Großbritannien sind viele Straßen und Plätze mit Videokameras bestückt. „Es waren einige Personen in der Nähe, als der Brand ausbrach“, sagte ein Polizeisprecher. Auch ein silbernes Auto sei aufgefallen. Das heiße nicht, dass es bereits Verdächtige gebe. Die Personen auf den Videobändern würden derzeit als Zeugen angesehen, hieß es bei der Polizei.

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